Kino: "Teurer als Rubine"

Culture-Kult

Für sein Erstlingswerk "Fresh", einem Thriller über einen jugendlichen Drogenkurier, erhielt der amerikanische Regisseur Boaz Yakin 1994 den Sundance Filmmaker Award. Er schrieb Drehbücher für brutale Action-Streifen wie "The Punisher" (1988) und, gemeinsam mit Scott Spiegel, für die Clint-Eastwood-Produktion "Rookie - Der Anfänger" (1990). Auch an der Fortsetzung von "From Dusk Till Dawn", der im nächsten Jahr in die Kinos kommt, arbeitete Yakin neben Scott Spiegel, Quentin Tarantino und Duane Whitaker als Drehbuchautor mit.

In seiner zweiten Regiearbeit "Teurer als Rubine", zu der er auch das Drehbuch lieferte, beschreibt Boaz Yakin den Ausbruch einer jungen Frau, Sonia, aus der Enge der chassidischen New Yorker Community. Wegen der stereotypen Darstellung der chassidischen Gemeinschaft stieß der in den USA zum Teil auf Kritik. Im Gegensatz etwa zu Peter Weirs "Witness", der das Leben der Amish People detailliert nachzuzeichnen versuchte, dient für Boaz Yakin das soziale Gefüge der chassidischen Gemeinschaft lediglich als Kulisse, vor der eine eher betuliche Handlung abrollt.

Sonia (Renée Zellweger) entdeckt schon als Kind ihre Begeisterung für Schmuck. Anstatt jedoch in das elterliche Juweliergeschäft einzusteigen, hat sie, dem Willen ihrer Eltern gehorchend, den Rabbiner Mendel (Glenn Fitzgerald) geheiratet. Über Liebe und Sex haben Sonia und der Rabbi höchst unterschiedliche Vorstellungen; für Mendel ist die Liebe ganz dem göttlichen Auftrag gewidmet, die religiöse Familie zu vergrößern. Sonias Weg führt unweigerlich hinaus aus der Gemeinschaft.

Eine Anstellung in dem Juweliergeschäft ihres Schwagers Sender (Christopher Eccleston) hilft ihr zwar aus der traditionellen Rolle heraus, allerdings will auch Sender sie in seiner bigotten Welt eines bekennenden Sünders gefangen halten.

Erst durch die Begegnung mit dem puertorikanischen Künstler Ram-n (Allen Payne) kommt allmählich etwas Schwung in Sonias Leben - nicht jedoch in den Film. Das Konfliktmuster wird anhand Ram-ns ein zweites Mal durchgespielt. Er befindet sich in einer ähnlichen Situation wie Sonia. Nach dem Tod seines Vaters gibt es für seine Mutter, eine überzeugte Katholikin, nur noch ihn und Jesus Christus.

Seine Kunst nimmt niemand ernst, auch er selbst nicht. Nur für seine Mutter besitzen die Skulpturen eine Art religiösen Kultwert. Sonia, die Ram-n davon zu überzeugen versucht, daß seine Arbeiten es wert sind, einer größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu werden, macht ihm Mut, sein künstlerisches Schaffen zu professionalisieren. Sonia ihrerseits findet bei Ram-n schließlich, wonach sie sucht: Zärtlichkeit und sinnliche Liebe.

"Teurer als Rubine" will dem sinnlich Schönen huldigen. In der religiösen Anschauung gibt es das Heilige und das Gute, das Schöne hingegen hat keinen Platz, es ist sogar störend. So wie Ram-ns Mutter das Schöne in den Skulpturen ihres Sohnes nicht erkennen kann und diese nur als kultisch zu verehrende Objekte begreift, kann Mendel nicht verstehen, daß Sonia ihr gutes Leben nicht schätzt, weil sie das Schöne daran vermißt. Allerdings scheint auch Boaz Yakin selbst in seiner filmischen Erzählung nicht ganz ohne mystische Verklärung auszukommen. So erscheinen der Protagonistin immer wieder der Geist ihres Bruders und der ihrer Großmutter, die ihr gemeinsam den Weg weisen.

"Teurer als Rubine", USA 1997, R: Boaz Yakin. Start: 26. November