Schusswaffen im US-Wahlkampf

Tote Hand

Was haben Charlton Heston und Perus Präsident Alberto Fujimori gemeinsam? Beide haben die Spielregeln ändern lassen, um ein drittes Mal für ihr Amt kandidieren zu können. Doch während Fujimori sich nie besonders viel Mühe gegeben hat, als Verfechter von Demokratie und Menschenrechten zu erscheinen, besteht Hestons Selbstdarstellung als Präsident der National Rifle Association (NRA) seit Jahren genau in dieser Rolle.

Die NRA ist mit 3,6 Millionen Mitgliedern der maßgebliche Schusswaffen-Fanclub der USA. Sie veranstaltet Waffen-Verkaufsausstellungen, finanziert das »Eddie Eagle Gun Safe Program«, das Schulkindern den »sicheren« Umgang mit Schießprügeln näher bringt, und will demnächst eine Art Knarren-Disneyland eröffnen. Doch die selbst gestellte Hauptaufgabe der NRA ist die Verteidigung des elementaren Menschenrechtes, Schusswaffen zu besitzen und zu tragen.

Charlton Heston kommt als Galionsfigur der NRA die Aufgabe zu, gegen alles und jeden zu hetzen, der sich öffentlich gegen einen unkontrollierten Waffenbesitz ausspricht - was angesichts von durchschnittlich 13 Minderjährigen, die in den USA täglich erschossen werden, eigentlich keine besonders abwegige Idee ist.

Zu Wahlkampfzeiten brüllt der alte Hollywood-Löwe immer besonders laut. Auf der Jahreshauptversammlung der NRA am 20. Mai in Charlotte, North Carolina, verkündete Heston, er wolle bis zu 15 Millionen Dollar sammeln, um damit den Kampf gegen den demokratischen Kandidaten Al Gore zu finanzieren. Dieser hat nämlich angekündigt, im Falle seiner Wahl für eine Verschärfung des Waffenkontrollgesetzes einzutreten.

Es ist daher keine Frage, wem die NRA-Wahlkampfspenden zugute kommen werden: Der republikanische Kandidat George W. Bush setzte während seiner Amtszeit als Gouverneur von Texas das Recht auf verdecktes Tragen von Schusswaffen in der Öffentlichkeit durch.

Im aktuellen Präsidentschaftswahlkampf dürfte die Debatte um das Schusswaffengesetz eine deutlich größere Rolle spielen als zum Beispiel 1996. Durch den Amoklauf von Littleton im letzten Jahr ist die Öffentlichkeit für das Thema sensibilisiert; Aktionen wie der »Million Moms March« steigern die Bedeutung des Themas noch weiter.

Zwar unternimmt niemand ernsthaft den Versuch, die Zahl der Waffen einzuschränken, doch der männliche Durchschnitts-Hinterwäldler fühlt sich allein schon durch die Diskussion über Registrierung von Waffen und das Verbot vollautomatischer Wummen bedroht. So verwundert es nicht, dass einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup vom April zufolge 51 Prozent der US-Bürger die NRA in einem »positiven« oder »sehr positiven« Licht sehen, während nur 39 Prozent gegenteiliger Meinung sind.

In der gesamten Debatte wird dabei geflissentlich übersehen, dass angesichts der Millionen bereits im Umlauf befindlichen Schusswaffen sich die Zahl der Erschossenen durch ein schärferes Kontrollgesetz kaum verringern lässt. Einzig die Verkaufszahl neuer Waffen ließe sich damit verkleinern. Und die NRA ist Lobby-Organisation der Waffenindustrie.

Dennoch müssen sich beide Seiten während des Wahlkampfes in dieser Frage positionieren. Kandidat Bush ist der Schmusekurs der NRA sogar ein wenig unangenehm - er fürchtet, durch eine zu große Nähe zu den Waffenfans Stimmen zu verlieren.

Der einzige, der sich, wie immer, klar ausdrückt, ist Charlton Heston. Am Ende seiner Rede vom 20. Mai reckte er seine rechte Faust mit einem antiken Vorderlader in die Höhe und schleuderte den Kommunisten entgegen: »Wer meine Waffe will, muss sie mir aus meiner kalten, toten Hand nehmen.« Ob ihm wohl demnächst jemand den Gefallen tut?