Nazis im Web

HiHiHitler

Niemand wundert sich heutzutage über Schmuddelkram und Idiotie im Internet, und es ist wohl keine und keiner da draußen, die oder der noch nie auf einer Seite war, wo Leute es mit Tieren treiben oder wo Hans und Ina sich, ihr kleines Leben und ihr bald abbezahltes Häuschen vorstellen.

Immer wieder gerät man auf Sites, wo man einen Körper während und nach der Hinrichtung betrachten kann, wo Antonia ihr sehr rares Linseneintopfgericht zum Besten gibt oder wo der kleine anonyme Antisemit seinen Ressentiments freien Lauf lassen kann und dabei als E-Adresse »Heinrich Himmler« angibt. Hihi, wird das Geräusch gewesen sein, das er dabei gemacht hat, der Schelm.

Neben den von Antifas auf der Jagd beschlichenen Pfaden zu Thule-Netz und Junge Freiheit tummelt sich auch die unorganisierte Rechte im Netz, und in gewisser Weise dominiert sie es sogar. Das oben zitierte Beispiel stammt von der Seite www.juden.de, und es ist nur eines von vielen, die dort im Gästebuch zu finden sind.

Wenn man wie ich in einer Gegend aufgewachsen ist, in der alte Säcke noch heute damit prahlen, Anfang Mai 1945 am Dorfeingang auf jeden amerikanischen Panzer geschossen zu haben, der ihren vor die Panzerfaust kam, dann kannte man Wörter wie Volkssturm, Schutzstaffel, Wehrmacht etc. bereits lange, bevor man ein kritisches Bewusstsein überhaupt hätte entwickeln können. Wenn man sich nun auf Internetseiten verirrt, die nach Nazigrößen und -organisationen benannt sind, so erlebt man den spießigen Nationalisten bis Nazi in seiner Vollendung.

www.volkssturm.de etwa bittet seine Besucher, die ausgestellten Devotionalien aus Hitlerzeit und schönem Krieg nicht verfassungsfeindlich zu verwenden (hihi, gnickert es da in einigen Köpfen mit). Dann kommt man zu einer Seite, wo Spielbergs »Saving Private Ryan« vorgeworfen wird, er glorifiziere die US-Armee. Zwei Klicks weiter erfährt man alle Wahrheiten über den sauberen, auch von Reemtsma und seiner Ausstellung nicht in den Schmutz zu ziehenden Kampf der Wehrmacht. In der Bildergalerie findet man den tapferen Landser und ein Starporträt von Adolf Hitler.

Die Macher dieser Seiten mag man sich als grau-bejackte Spießer vorstellen, die während ihrer Arbeitslosigkeit oder in ihrer einsamen Freizeit nichts Besseres zu tun haben, als für Großdeutschland (www.grossdeutschland.de) oder gegen Fischers zu zaghafte Kriegspolitik zu agitieren. Verlierer, die übers Reich und dessen Ruhm wieder Gewinner werden wollen. Leute, die sich beim Bäcker dauernd wegdrängeln lassen und nachher über zuviele ... (beliebiges Stereotyp einsetzen) ... klagen und sich vom Schicksal verarscht wähnen.

Interessant ist, dass solche Webseiten offensichtlich boomen. Oder zumindest Erfolg versprechen. Die Domain-Namen für weitere Seiten wie und www.sturmabteilung.de (also SS und SA) sind gesichert, und es öffnet sich ein Werbefenster. Gleiches gilt für www.eva-braun.de. Bei www.waffen-ss.de wird man sogar straight und direkt an den Webdienstleister Puretec weitergeleitet. Naziseiten sind ganz offensichtlich ein richtiges Geschäft. Dafür spricht, dass oben erwähnte Seiten laut Eigenangabe über 10 000 Besucher zählten. Und spätestens da muss man sich allerdings fragen, warum dieses blühende Paradies des Braunen und Rechten noch niemand gehackt hat. Mehr Ehre wäre für einen Hacker, der auf sich hält, doch nirgends zu gewinnen.