Afrika-Politik der USA

Virtuelles Engagement

William Clinton ist der erste US-Präsident, der Ansätze einer Afrika-Politik entwickelt hat. Doch über Lippenbekenntnisse zur eigenständigen Entwicklung des Kontinents kommt er nicht hinaus.
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Die Vereinigten Staaten haben in Nigeria vier Interessen: Öl, Öl, Öl und Peacekeeping.« Michael Fleshman, Menschenrechtslobbyist aus den USA, kommentierte den Nigeria-Besuch William Clintons Ende August knapp und treffend. Clinton nannte zwar den im letzten Jahr vollzogenen Übergang von der Militärdiktatur zur zivilen Herrschaft unter Olusegun Obasanjo in Nigeria »die wichtigste demokratische Veränderung in Afrika seit dem Fall der Apartheid«. Den wichtigsten Wunsch der Gelobten erfüllte er jedoch nicht: die Verringerung der 30 Milliarden US-Dollar Auslandsschulden.

Die Weigerung Clintons ist die konsequente Fortsetzung des Postulats »Trade, not Aid«, das während seines ersten Afrika-Besuchs 1998 formuliert wurde. Clinton war nach Jimmy Carter der zweite US-Präsident, der überhaupt Afrika besuchte. Dass er nun wieder einmal vorbeischaute, zeigt zumindest eine gewisse Aufmerksamkeit gegenüber dem Afrika südlich der Sahara.

Die Interessen der USA waren 1997 von Susan Rice, der Staatsministerin für Afrika, formuliert worden: »Wir bemühen uns, Afrika voll in die globale Ökonomie zu integrieren und gleichzeitig die Vereinigten Staaten vor Bedrohungen der nationalen Sicherheit durch Terrorismus, internationale Verbrechen, Drogen, Waffenhandel und Krankheiten zu schützen.«

Washington hat in den vergangenen Jahren versucht, sich den freien Zugang zu den Märkten zu sichern. Bislang liegt der Anteil der USA am Außenhandel Afrikas unter acht Prozent, der der EU bei 41 Prozent. Einige afrikanische Staaten wurden von den USA als regionale Hegemonialmächte unterstützt, die den Freihandel voranbringen und gleichzeitig für Stabilität sorgen sollten: Südafrika, Uganda, Ruanda, Ghana und Eritrea. Deren Staatschefs wurden zu so genannten Helden der Afrikanischen Renaissance deklariert.

Denn sie zeigten sich den Anforderungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) gegenüber aufgeschlossen und regierten ihre Staaten halbwegs demokratisch. Ihre Hauptaufgabe war jedoch, militärisch einzugreifen, falls das nötig sein sollte, und damit die USA zu entlasten. »Wir können nicht immer Truppen nach Übersee schicken, wenn irgendwo eine Krise ist. Trotzdem haben wir als eine Weltmacht die Verpflichtung und den Wunsch, in Konflikte einzugreifen«, hatte Robert Menendez, Mitglied des Subkomitees zu Afrika im US-Repräsentantenhaus, die Richtung vorgegeben.

Zu diesem Zweck gründeten die USA die Afrika-Krisen-Reaktions-Initiative (ACRI). Das mit jährlich 20 Millionen Dollar ausgestattete Programm sollte die afrikanischen Vertreter Washingtons befähigen, selbst in Krisengebieten militärisch zu intervenieren. US-Ausbilder sollten deren Militär in Peacekeeping trainieren und mit Ausrüstung und Uniformen versorgen. Bislang wurden Einheiten aus Senegal, Uganda, Malawi und Mali trainiert. »Unser Ziel ist es, bei der Erstellung schnell verfügbarer, miteinander kooperierender Einheiten aus stabilen demokratischen Ländern, die zusammen Frieden herstellen, zu assistieren«, so der ACRI-Koordinator Fletcher McCallie.

Vor allem jene Länder standen der Initiative aufgeschlossen gegenüber, deren Militär auch innenpolitisch die Ordnung aufrecht erhalten muss: In Uganda kämpft die Armee seit Jahren gegen Milizen, in Senegal gegen separatistische Rebellen im Süden, Mali fürchtet einen weiteren Tuareg-Aufstand in den Sahara-Gebieten. Diese Staaten freuen sich über jede militärische Hilfe, da ihre Armeen zum Teil nicht einmal über Uniformen verfügen. Andere Staaten wie Südafrika und Tansania hatten von ACRI den Eindruck, sie sollten Billig-Soldaten für UN-Einsätze zur Verfügung stellen.

Das ACRI-Konzept ist mit neuen Kriegen, auf die Washington keine Antwort wusste, zusammengebrochen. Die Verbündeten der USA, Uganda und Ruanda, kämpfen seit 1998 in der Demokratischen Republik Kongo gegen den dortigen Präsidenten Laurent Kabila und seine Verbündeten Angola, Namibia, Tschad und Zimbabwe. Seit letztem Jahr aber beschießen sich Uganda und Ruanda gegenseitig.

Der Kongo-Konflikt, den Le Monde diplomatique den »ersten Afrikanischen Weltkrieg« nennt, spaltet das südliche und zentrale Afrika, der Riss verläuft zwischen den von Clinton zu Hoffnungsträgern auserkorenen Staaten: Südafrika, wichtigster Partner Washingtons auf dem Kontinent, pflegt enge Beziehungen zu Uganda und Ruanda, arbeitet aber mit deren Gegnern in der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrikas (SADC) zusammen. Ähnlich ist es im Osten des Kontinents. Die mit den USA befreundeten Staaten Eritrea und Äthiopien führten bis vor kurzem einen verlustreichen Grenzkrieg, der erst durch algerische Vermittlung beendet werden konnte.

Immerhin kommt der Freihandel voran. Im US-Kongress wurde im Mai das »Africa Growth and Opportunity«-Gesetz mit weitreichenden Zollsenkungen verabschiedet. Die 14 SADC-Staaten beschlossen kürzlich, bis 2012 eine Freihandelszone zu schaffen. Bis 2020 soll sie sich sogar über den gesamten Kontinent erstrecken. All diese Pläne stehen unter einem Vorbehalt Washingtons: Sie dürfen nichts kosten. Thabo Mbeki, südafrikanischer Präsident, sparte bei seinem USA-Besuch 1999 nicht mit Kritik an »ausbleibenden amerikanischen Investitionen« in seinem Land. Chris Alden von der London School of Economics nannte in African Affairs die Politik der USA »schwankend zwischen Nachlässigkeit und virtuellem Engagement«.

Der Anteil Afrikas am US-Außenhandel liegt bei nur zwei Prozent, ein Großteil davon geht an Nigeria, den fünftgrößten Öllieferanten der USA. Die Demokratisierung des bevölkerungsreichsten afrikanischen Staates soll nun wenigstens in Westafrika zu Stabilität führen: US-Ausbilder trainieren bereits nigerianische Bataillone im Peacekeeping. Demnächst sollen diese Soldaten in Sierra Leone für Ordnung sorgen.

Dort kennen sie sich aus. Als von 1990 bis 1998 nigerianische Truppen in Liberia und Sierra Leone als Teil der westafrikanischen Eingreiftruppe Ecomog die dortigen Bürgerkriege beenden sollten, beteiligten sie sich rege am Waffenhandel.