Konferenz zur Unterstützung der Intifada

Gottesstaat Palästina

Eine Konferenz im Iran zur Unterstützung der Intifada treibt die Islamisierung des palästinensischen Aufstands voran.

Voller Zufriedenheit feierten die iranischen Medien am vergangenen Mittwoch den Ausgang einer Internationalen Konferenz zur Unterstützung der palästinensischen Intifada in Teheran. Teilgenommen hatten an diesem Treffen neben offiziellen Vertretern aus nahezu allen arabischen und islamischen Ländern auch verschiedene Nichtregierungsorganisationen, wie die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna die Hamas, den Jihad Islami, die Hisbollah und das PFLP-Generalkommando bezeichnet.

Nach den wohlwollenden Worten der Syrian Times wird der Iran zum Zentrum »des Kampfes zur Befreiung des heiligen Al-Quds, der eines Tages die Rückkehr aller Palästinenser in ihre Heimat ermöglichen will«. Obwohl die Konferenz von vielen großen arabischen Tageszeitungen als wichtiges Zeichen islamischer Solidarität mit den Palästinensern gewertet wurde, begrüßten vor allem syrische Zeitungen das Ereignis überschwänglich.

Syrien, einem traditionellen Alliierten des Iran, wird in der gesamten islamischen Welt die langjährige Unterstützung der Hisbollah im Südlibanon hoch angerechnet; führte sie doch zum »militärischen Sieg über das zionistische Kolonialistenregime«, wie der Rückzug der israelischen Armee aus dem Libanon seither von Palästinensern und arabischen Staatschefs bezeichnet wird. In Siegerpose präsentierte sich so auch der syrische Vizepräsident Muhammad Zuheir Mushkarah in Teheran und erklärte, dass sein Land weiter standhaft den zionistischen Aggressor bekämpfen werde und dabei auf die solidarische Unterstützung des Iran zähle.

Aber nicht nur die Hisbollah, auch die palästinensischen Organisationen Hamas und Jihad Islami erfuhren eine deutliche Aufwertung. Insgesamt wurde in iranischen Medien die Teilnahme von Delegationen aus Ländern, die bislang Distanz zum Mullah-Regime hielten, als Sieg radikalislamischer Positionen wahrgenommen.

Entsprechend wurden die palästinensischen Islamisten als legitime Vertreter des »kämpfenden Volkes« behandelt, die - anders als die PLO - handelten, statt mit dem Feind zu kollaborieren. Mit Häme kommentierte deshalb die Iran Daily, dass Yassir Arafat nicht persönlich erschienen war, sondern nur seinen Vertreter Salim Al-Zanoun nach Teheran geschickt habe. Während nämlich der Sprecher der Hamas den 300 anwesenden Zuhörern zurufen konnte, dass das »palästinensische Volk sich Verhandlungen verweigert« und Selbstmordattentate und Bombenanschläge wolle, konnte Al-Zanoun lediglich die Oslo-Verträge als »historischen Witz« denunzieren.

Denn den Teilnehmern in Teheran ging es erklärtermaßen um die »Befreiung« ganz Palästinas und nicht um die Errichtung eines Staates in der Westbank und im Gazastreifen, wie sie die offizielle Linie der PLO vorgibt. Unmissverständlich stellte der ansonsten für langatmige Reden über Demokratie und Zivilgesellschaft bekannte iranische Präsident Mohammad Khatami dieses Anliegen dar: »Alle Palästinenser müssen in ihre Heimat zurückkehren, damit Israel aufhört zu existieren.«

Als erste Maßnahme forderte die Delegation des marokkanischen Parlaments den Auschluss Israels, das kein Staat, sondern ein blutrünstiges Gebilde sei, aus der Uno. In ihrer Abschlusserklärung betonten die Delegierten noch einmal, dass der Zionismus rassistisch sei und die entsprechende UN-Deklaration von 1975 endlich umgesetzt werden müsse. Auch forderten sie ein Kriegsverbrechertribunal für die »zionistischen Völkermörder«.

Insbesondere schien es in Teheran auch darum zu gehen, die abgesagte Konferenz der Holocaustleugner im Libanon (Jungle World, 15/01) nachzuholen. In keinem Redebeitrag fehlten - in den islamischen Staaten anscheinend zum guten Ton gehörende - antisemitische Angriffe. Ajatollah Ali Khamenei nutzte das Forum, um einmal mehr den Holocaust zu relativieren und die Zionisten zu beschuldigen, eng mit den Nationalsozialisten kollaboriert zu haben. Zudem erklärte er, dass Israel eigentlich gar kein jüdischer Staat sei, weil »große Gruppen nichtjüdischer Gewalttäter und Gangster gezwungen wurden, nach Palästina auszuwandern, um im Herzen des Islam einen nichtislamischen Staat zu errichten«.

Die Teheraner Konferenz ist ein weiterer Schritt zur Islamisierung der Intifada. Nur am Rande noch geht es in den Reden um die nationalen Rechte der Palästinenser; im Zentrum der Propaganda steht vielmehr, in den Worten der Hamas formuliert, die Befreiung der heiligen Stätten und der universale Kampf gegen das Böse, das sich im Zionismus und US-Imperialismus ausdrückt.

Dieser Entwicklung, in der sich antisemitische Versatzstücke aus Europa mit genuin islamischen Topoi verbinden, haben säkulare Palästinenser offensichtlich wenig entgegenzusetzen. Vielmehr zeigte sich, dass ehemals leninistisch orientierte Gruppierungen, wie das in Syrien ansässige PFLP-Generalkommando, inzwischen vollständig auf die panislamische Linie eingeschworen sind. So rief dessen Vorsitzender Achmed Jibril nicht nur zur Bildung einer »Vereinigten islamischen Armee« auf, um weltweit »Terror und Angst unter den Zionisten« zu verbreiten, sondern forderte auch die an Israel angrenzenden Staaten auf, »wenn sie sich schon selbst nicht trauen, den Heiligen Krieg zu unterstützen«, wenigstens ihre Grenztruppen abzuziehen, damit die dortige Bevölkerung ihren »kämpfenden Brüdern zu Hilfe eilen« könne.

Dass der Ungeist der Teheraner Konferenz mit der Stimmung in der palästinensischen Bevölkerung korrespondiert, zeigt deutlich die jüngste Meinungsumfrage des Jerusalem Media and Communication Center. Die Beliebtheit radikaler islamistischer Gruppen ist demnach kontinuierlich gestiegen, und inzwischen befürworten 73,8 Prozent der Befragten Selbstmordattentate auf israelische Zivilisten, während nur 5,8 Prozent sie entschieden ablehnen. Zwei Tage nach dem Ende der Teheraner Konferenz hielt die Hamas eine Massendemonstration in Gaza ab, auf der sie sechs weitere Selbstmordattentate und die Schaffung eines islamischen Staates Palästina zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer ankündigte.

Ideelle und finanzielle Unterstützung soll die Al-Aqsa-Intifada fortan von einer neuen, in Teheran ansässigen so genannten Internationalen Organisation der Verteidiger der palästinensischen Ideale erhalten. Außer dem US-State Department sah sich übrigens keine westliche Regierung genötigt, die Teheraner Konferenz zu verurteilen.