Konfrontation zwischen Indien und Pakistan

Ready For War

»Heute habe ich einen weiteren wichtigen Schritt in unserer Kampagne zur Eliminierung der Geißel des Terrorismus unternommen«, verkündete US-Außenminister Colin Powell, nachdem er die islamistischen Gruppen Laschkar-e-Toiba (LT) und Jaish-e-Mohammed (JM) auf die Liste der terroristischen Organisationen gesetzt hatte. Warum beide Gruppen, die von der indischen Regierung für den Angriff vom 13. Dezember auf das Parlament in Neu Delhi verantwortlich gemacht werden, aus der Sicht der USA vor dem vergangenen Mittwoch noch nicht terroristisch waren, es nunmehr aber sind, erläuterte er nicht.

Um Indien von Vergeltungsschlägen gegen islamistische Stützpunkte in Pakistan abzuhalten, bedrängt die US-Regierung nun das Militärregime Pervez Musharrafs, härter gegen die Gruppen vorzugehen. Dass Musharraf ihnen die Konten gesperrt hat und etwa 50 Islamisten verhaften ließ, wird die indische Regierung aber noch nicht zufrieden stellen. Mit mittlerweile etwa einer Milliarde Einwohnern, einer teilweise modernen Wirtschaft und einem eigenen Atomwaffenarsenal strebt Indien nach größerem weltpolitischen Einfluss. So sieht die hindu-nationalistische BJP-Regierung sich berechtigt, ihren Krieg gegen die militanten Islamisten nach dem Vorbild der USA auch jenseits der Landesgrenzen zu führen.

Die USA nehmen nun eine neutrale Position ein, die nach den ideologischen Vorgaben des »Krieges gegen den Terror« nicht sonderlich konsequent ist. Man bemühe sich, »Ruhe in die Region zu bringen« und »beide Seiten zu überzeugen, die Eskalation zu stoppen«, erklärte Präsident George W. Bush am Freitag.

An der Eskalation im Kaschmir-Konflikt ist Indien nicht gänzlich unschuldig. Der bewaffnete Kampf für die Unabhängigkeit begann erst Ende der achtziger Jahre, nachdem die indische Regierung den Autonomiestatus aufgehoben und die Regionalwahlen manipuliert hatte. Seitdem geschah nichts, um durch politische Reformen oder eine Entmilitarisiserung der Region den Konflikt zu entschärfen. Doch im Laufe der neunziger Jahre setzten sich propakistanische, überwiegend islamistische Gruppen gegen die ursprünglich linke und säkulare Unabhängigkeitsbewegung durch. 1999 wurden ihre Angriffe in der Region Khargil sogar von regulären pakistanischen Soldaten unterstützt. Der verantwortliche Generalstabschef hieß Pervez Musharraf. Im Herbst desselben Jahres putschte er sich an die Macht und setzte die seit den achtziger Jahren betriebene Instrumentalisierung islamistischer Gruppen für außenpolitische Ziele fort.

Damit gehört er eigentlich in die Kategorie jener Staatschefs, die Terroristen beherbergen und nach Ansicht der USA ebenso für Anschläge verantwortlich sind wie die Attentäter. Doch selbst nach dem 11. September war die Unterstützung des Jihad in Kaschmir kein Thema für die USA, obwohl die Islamisten ihre aggressiven Absichten immer wieder offen verkündeten. Bereits im April 2000 erklärte Qazi Hussain Ahmad, der Vorsitzende der Jamaat-e-Islami: »Wir geben eine Warnung an Indien, dass es zerstört wird, wenn es keine gerechte Lösung in Kaschmir akzeptiert.« Im Juli des vergangenen Jahres kündigten die Islamisten an, auch außerhalb Kaschmirs anzugreifen. LT-Führer Hafiz Mohammed Saeed drohte damals: »Indien wird ein vernichtender Schlag versetzt werden.«

Von der Allmacht der USA, einem von Linken wie US-Politikern gepflegten Mythos, ist in diesem Konflikt wenig zu spüren. Indien besteht trotz aller Mahnungen auf seinem Recht, notfalls einen Krieg zu führen, Pakistan kann und will die Islamisten nicht konsequent bekämpfen. Glücklicherweise erschwert der Winter einen Krieg in den Hochgebirgsregionen Kaschmirs erheblich, und immerhin scheinen beide Seiten das Risiko einer Eskalation zu scheuen, die in einen Atomkrieg münden könnte. Es ist jedoch zu fürchten, dass die Islamisten bereits über weiteren Anschlagsplänen brüten.