Gianfranco Fini im EU-Konvent

Starke Signale

Er hat es doch geschafft. Ministerpräsident Silvio Berlusconi kann seinen Stellvertreter Gianfranco Fini, den Vorsitzenden der rechtsextremen Alleanza nazionale, als italienischen Repräsentanten in den EU-Konvent entsenden. Damit ist ihm das Kunststück gelungen, neben Guiliano Amato einen zweiten Vertreter in dem neuen Gremium unterzubringen. Der Konvent soll Vorschläge ausarbeiten, wie die EU-Institutionen auch nach der Ost-Erweiterung handlungsfähig bleiben können. Vor allem aber soll er ein Verfassungskonzept entwerfen, also eine Art europäisches Grundgesetz.

Berlusconis Kalkül ist dabei so simpel wie effizient. Er möchte die italienische EU-Ratspräsidentschaft im nächsten Jahr, und damit vor allem sich selbst, mit der Verabschiedung dieser Verfassung krönen. Dafür stellt er sein wichtigstes Kabinettsmitglied zur Verfügung.

Einen solch »hochrangigen Vertreter nach Brüssel« zu schicken, sei »ein starkes Signal«, schwärmte prompt Hans-Gert Pöttering, der Vorsitzende der konservativen Fraktion im Europaparlament. Unterstützung erhielt Fini auch vom amtierenden EU-Ratsvorsitzenden, dem spanischen Ministerpräsidenten José Maria Aznar. »Die Italiener haben frei beschlossen, wen sie als Premierminister haben wollen«, erklärte er. Damit ist der Fall für ihn erledigt.

Ein Jahr also hat Fini Zeit, um sich als seriöser Politiker zu präsentieren. Andere haben mit ihm heute schon kein Problem. »Meist tritt er besonnen auf, fasst mit angenehm klingender tiefer Stimme verständlich zusammen, worum es ihm geht. Da der 50 Jahre alte Rechtspolitiker kein demokratischer Konvertit ist, übertreibt er es auch mit der politischen Korrektheit nicht«, lobt die FAZ den Postfaschisten. Sollte er die Aufgabe ohne Eklat überstehen, bleibt der EU am Ende nichts anderes übrig, als Fini zu akzeptieren - als Chef der Farnesina, des italienischen Außenamts.

Besonders Deutschland, die Niederlande und Schweden hatten zuvor starke Bedenken gegen Finis Nominierung geäußert. Doch auch in Berlin wird man sich mit ihm zu arrangieren wissen. Berlusconi hat in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass er in wichtigen Punkten, etwa bei dem von Frankreich bekämpften Konzept eines förderalistischen EU-Modells, die deutschen Positionen unterstützen wird. Er ist klug genug, um zu erkennen, wer in Europa das Sagen hat und welche Kompromisse er eingehen muss, damit er weiterhin seine eigenen Interessen verfolgen kann.

Da stört es nur wenig, dass viele seiner Parteifreunde sich nicht scheuen, das zu sagen, was Fini nur noch zu denken wagt. Für Mirko Tremaglia etwa, prominentes AN-Parteimitglied und Minister für Auslandsitaliener, ist Benito Mussolini »immer noch ein großer Mythos«. Fini äußerte sich vor wenigen Jahren noch ähnlich, heute will er nichts mehr davon wissen. Ein offenes Bekenntnis zum Faschismus schadet schließlich der Karriere.

So handelt er sich Ärger mit der alten Garde seiner Partei ein. »Kameraden, euch droht am Ende noch allen die Beschneidung«, warnte die Enkelin des »Duce« und AN-Abgeordnete Alessandra Mussolini ihre Kollegen. Aus purem Opportunismus, so ihr Vorwuf, verleugne Fini seine Vergangenheit. Ihre Sorgen sind unbegründet.

Mit der Wahl Finis hat die EU signalisiert, dass der Neofaschismus wieder salonfähig geworden ist. Hauptsache er ist, wie in Österreich und Italien, demokratisch legitimiert.