Dr. Mottes Love Parade in Mexiko

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Man hätte einfach eine nette Party feiern können, mit Techno-Bumm-Bumm auf dem Zócalo, dem zentralen Platz im Herzen von Mexiko-Stadt, Zigtausenden von Leuten und allem, was sonst noch dazugehört. Doch was vor zwei Jahren unverfänglich unter dem Namen »Tecnogeist« begann, sollte nun plötzlich »Love Parade« heißen. Und der neue Name rief gleich mehrere Unannehmlichkeiten auf den Plan.

Zum Beispiel eine Veranstaltung mit Dr. Motte zum Thema: »Die Love Parade als universelle Idee«. In Berlin gemeinhin bekannt als guter Geschäftsmann, gab der Gründer der Love Parade in der vergangenen Woche im Goethe-Institut von Mexiko-Stadt wieder den alten Messias für Friede, Freude und Eierkuchen. »Die Politiker machen eine schlechte Politik, weil sie nicht tanzen«, erklärte er rund 150 mexikanischen Jugendlichen, die ihm für solchen Quatsch auch noch begeisterten Beifall zollten. Und überhaupt, so resümierte Motte seine Berliner Erfahrungen, verstünden »uns« die Politiker sowieso nicht. »Deswegen beschweren wir uns auch nicht, wenn sie uns verbieten.«

Zwar nicht »wir«, aber »unsere« Love Parade war zuvor von der Mitte-Links-Regierung der Stadt verboten worden. Befürchtet wurden Verkehrsprobleme, Sicherheit, Ärger mit den Anwohnern, eben das Übliche. Warum sich jedoch Bürgermeister Manuel Lopez Obrador vom PRD, dem Partido Revolucionario Democrático, tatsächlich quer legte, darüber gab es verschiedene Spekulationen, zumal man das Projekt Tecnogeist einst ambitioniert unterstützt hatte. Nicht zuletzt dürfte die Regierung darüber verärgert gewesen sein, dass sich mit dem Begriff »Love Parade« auch Mottes kommerzielle Kompanie mit ins Geschäft brachte, um nach Tel Aviv, Wien, Moskau und Kapstadt in Lateinamerika für Friede und Freude tätig zu werden.

Angetreten mit dem Ziel einer moderneren Kulturpolitik, verharrt die PRD im Konservatismus alter Zeiten. Folglich wurde das Verbot der Technoparty für linke Kulturschaffende zum Inbegriff dieses Rückschritts, der Streit für die Love Parade zum »Kampf um den öffentlichen Raum für Jugendliche«, wie der Mitorganisator und Plattenproduzent Arturo Saucedo wissen ließ. »Einen solidarischen Gruß« an das Goethe-Institut sandte selbst die linke Tageszeitung La Jornada. Die deutsche Dependance stellte ihre Räume für Veranstaltungen zur Verfügung, weil Zusagen für städtische Räume geplatzt nicht eingehalten wurden.

Solche Zustimmung kommt im Goethe-Institut, das die Parade zusammen mit Saucedo im Wesentlichen organisiert hat, gut an. Schließlich ließen sich unlängst Vertreter von 15 Goethe-Instituten in Köln in den Feinheiten des Techno briefen, um diesen als deutsches Kulturgut zu exportieren. Die Deutschen zählten denn auch zu den wichtigsten Geldgebern des dreiwöchigen Spektakels in Mexiko-Stadt, das neben der abschließenden Love Parade zahlreiche Workshops, Veranstaltungen und Konzerte bot.

Zwei Tage vor der »verbotenen« Parade musste sich das Goethe-Institut allerdings formal absetzen. Denn um die Party auf dem Zócalo zu ermöglichen, wurde sie nicht als Kulturereignis, sondern als politische Demonstration angemeldet. Und Ausländer dürfen sich in Mexiko nicht politisch betätigen. Wenn sich daran doch auch Dr. Motte gehalten hätte. Man hätte sich einiges sparen können, und Zigtausende wären am Samstag trotzdem gekommen, um bis zum frühen Morgen zu feiern.