Abschiebung leicht gemacht

zur EU-Asylpolitik von danièle weber

In der Nacht zum 26. Juni wurden 64 Personen von deutschen Sicherheitsbeamten aus dem Schlaf gerissen und zum Düsseldorfer Flughafen gebracht. Hier startete ihr Flug nach Pristina. Diese »Sammelabschiebung« sollte im Rahmen des so genannten Memorandum of Understanding zwischen dem deutschen Bundesinnenministerium und der Unmik durchgeführt werden. Da die Unmik keine Liste mit Angaben zu den abgeschobenen Personen vorliegen hatte, verweigerte sie dem Flugzeug die Landeerlaubnis. Auch ein Versuch, die dann in Montenegro gelandeten Flüchtlinge auf dem Landweg in den Kosovo zu bringen, scheiterte an der fehlenden Einreiseerlaubnis der Unmik. Kurz vor Mitternacht setzte das Flugzeug wieder in Düsseldorf auf.

In Zukunft könnten sich zwangsweise zusammengeführte Reisegruppen dieser Art auch auf dem Boden ihren Weg quer durch die EU bahnen, denn ein neues Gesetz soll die derzeit noch bestehenden Hürden aus dem Weg räumen. Da keine Abkommen zwischen den einzelnen EU-Staaten bestehen, müssen gegenwärtig Abschiebungen durch die Luft oder auf dem Wasser auf direktem Wege ins Bestimmungsland durchgeführt werden. Jetzt aber arbeiten EU-Funktionäre daran, abgelehnte Asylbewerber mit dem Zug, dem Bus oder mit zivilen Polizeifahrzeugen abzuschieben. Entsprechende Pläne, das Tempo der Abschiebungen erheblich zu steigern und den illegalen Aufenthalt in der EU möglichst schnell zu beenden, hat die italienische Präsidentschaft bereits am 3. Juli der EU-Arbeitsgruppe »Migration und Ausweisung« vorgelegt. Das 15seitige Papier wurde vergangene Woche von der Menschenrechtsorganisation Statewatch veröffentlicht.

Transit-Operationen, so der Plan, sollten jeweils in Begleitung von Bewachern und innerhalb von 36 Stunden erfolgen. Die Sicherheitskräfte würden keine Waffen, sondern zivile Kleidung tragen. Allerdings ist die Polizei des Transitstaates befugt, Maßnahmen anzuwenden, um »Widerstandsakte des Drittstaatenangehörigen zu stoppen«. Im Prinzip wären alle Staaten, die das Papier unterzeichnen, gezwungen, dem Transit zuzustimmen. Ein Land kann jedoch die Durchreise in einigen Fällen verweigern, zum Beispiel dann, wenn das Leben des Flüchtlings im Herkunftsland bedroht ist.

»Werden wir nun Menschen sehen, die in öffentlichen Zügen an ihre Sitze angekettet sind, und Busse oder vielleicht auch Viehwägen, die gen Osten tuckern und uns an andere Zeiten erinnern?«, kommentiert Tony Bunyan von Statewatch.

Die EU-Kommission teilte indessen mit, sie sei nicht über die Pläne der italienischen Präsidentschaft informiert. Längst publik ist allerdings ein weiterer Plan zur »Rationalisierung der Ausweisungsmaßnahmen«, den Frankreich am 29. Juli vorlegte. Insbesondere »Gruppenflüge« oder Sammelabschiebungen könnten demnach effizienter organisiert werden. Fluggesellschaften müssten sich nach diesem Plan ebenfalls aktiv an der Abschiebung beteiligen. Während »boarding, flight and landing« sollen sie den Flüchtlingen und ihren Begleitpersonen die »necessary assistance« bieten. Das heißt, dass die Crew aktiv werden muss, wenn sich ein Flüchtling gegen die Abschiebung wehrt, vermutet Statewatch. Auch um Flug- und Landeerlaubnisse müssen sich die Gesellschaften selbst kümmern.

Die gescheiterte Sammelabschiebung in den Kosovo am 26. Juni soll den Staat immerhin 90 000 Euro gekostet haben. Nach dem neuen EU-Plan könnten sie der Fluggesellschaft in Rechnung gestellt werden.