Der Zaun rettet Leben

Der Bau des Sicherheitszauns ist eine Maßnahme, um den Terror gegen Israelis einzudämmen. von mosi raz

Wer mag schon Mauern und Zäune? Um es vorwegzunehmen: Auch ein Sicherheitszaun zwischen israelischem und palästinensische Gebiet ist keine Lösung. Er ist nicht mehr als ein Werkzeug. Eine wirkliche Lösung gibt es nur durch die Schaffung zweier unabhängiger Staaten, die nebeneinander existieren und miteinander über Probleme wie den Abzug israelischer Siedler verhandeln.

Doch leider haben wir keine andere Wahl, als den Zaun zu bauen. Viele Israelis waren immer dagegen. Angesichts der immens angestiegenen Gewalt in den letzten vier Jahren wissen sie aber einfach nicht mehr weiter. Dass solche Bauten den Gewalttaten Einhalt gebieten können, ist empirisch erwiesen. Dort, wo bereits ein Zaun oder eine Mauer existiert, im Gazastreifen und in Teilen der Westbank, haben sie viele terroristische Aktionen verhindert. Durch die Absperrungen gingen von Gaza in der zweiten Intifada praktisch keine Selbstmordanschläge mehr aus. 99 Prozent der Aktionen wurden in der Westbank vorbereitet.

Der Sicherheitszaun kann also Leben retten, und das nicht nur, weil Anschläge auf Autobusse, Lokale oder öffentliche Plätze eingedämmt werden. Schließlich haben wir hier eine Gewaltspirale. Die Israelis machen die Palästinenser für die Eskalation verantwortlich, und die Palästinenser machen die Israelis verantwortlich. Niemand weiß, wer angefangen hat, und das ist heute auch nicht mehr wichtig. Allein durch den Fakt, dass weniger Israelis umgebracht wurden, sind auch weniger Palästinenser gestorben.

Es gibt noch einen zweiten wichtigen Grund, der für den Bau des Zaunes spricht. Dieser kann helfen, den unabhängigen palästinensischen Staat aufzubauen, weil er Fakten schafft. Er zeigt Israelis und Palästinensern, dass auf der Westseite des Zaunes ein Staat Israel existiert und auf der Ostseite ein unabhängiger palästinensischer Staat existieren kann. So werden beide Seiten dazu erzogen zu verstehen, dass eine Zweistaatenlösung real funktionieren kann. Man muss die Chance nutzen: Im Moment befürwortet die Mehrheit der israelischen und der palästinensischen Bevölkerung eine Zweistaatenlösung. Das ist neu. Vor einigen Jahren war die Mehrheit auf beiden Seiten dagegen.

Natürlich darf der Sicherheitszaun nicht so verlaufen, wie das die Regierung von Ariel Sharon derzeit plant. Er muss sich an der Grünen Linie orientieren, also der Waffenstillstandslinie nach dem Krieg von 1967. Er darf sich nicht durch die Felder und Gärten der dort lebenden Menschen ziehen und keine Zerstörung von Häusern verursachen. Die Peace-Now-Bewegung organisiert deshalb Demonstrationen gegen den geplanten Verlauf. Im Namen der Sicherheit wurden viele Ungerechtigkeiten verübt. So ist dem Bau bisher viel quasi enteignetes Land zum Opfer gefallen. Das muss in Zukunft verhindert werden.

Dennoch ist die Aufregung verwunderlich. Nach dem Sechstagekrieg zwischen Israel und Ägypten, Syrien sowie Jordanien von 1967 überquerten palästinensische Terroristen regelmäßig den Jordan, um Soldaten der israelischen Armee anzugreifen. Daraufhin wurde dort ein Zaun errichtet. Etwa zur gleichen Zeit baute man einen Zaun zwischen Israel und Syrien. Im Jahr 2000 stellte die israelische Regierung mit Unterstützung der Vereinten Nationen einen Zaun zwischen Libanon und Israel auf. Alle diese Sicherheitszäune zwischen zwei Staaten haben geholfen, die Gewalt einzudämmen. Niemand hat sich jemals gegen sie ausgesprochen. Nicht die Palästinenser, nicht die Jordanier, nicht die internationale Staatengemeinschaft. Jeder versteht, dass sie geholfen haben, eine gute Nachbarschaft zwischen unabhängigen Staaten zu schaffen. Dennoch vertreten nun einige Leute die Ansicht, man solle keine Zäune zwischen zwei Staaten schaffen. Mit Jordanien hatten wir erst den Zaun und nun ein Friedensabkommen. Warum sollte dasselbe nicht mit den Palästinensern möglich sein?

Ich wäre sehr froh, wenn wir in Zukunft dazu fähig wären, die Mauer wieder zu zerstören, wenn wir bessere Beziehungen untereinander haben und unsere Nachbarn und wir uns sicher genug fühlen. Ein Zaun ist keine Ideologie. Er macht vieles kaputt. Aber wenn man jetzt, in dieser Situation, menschliches Leben auf beiden Seiten schützen will, wenn man für die palästinensische Unabhängigkeit kämpfen sowie der Stabilität und dem Frieden zum Durchbruch verhelfen will, muss man den Bau des Zauns unterstützen.

Mosi Raz war Generalsekretär der größten israelischen Friedensorganisation, Shalom Achshaw (Peace Now), und von 1999 bis 2003 Knessetabgeordneter der linkszionistischen Partei Meretz.