Zwangsehe in Aussicht

Wahlen in Nordirland von petra tabeling

Nach 40 Jahren konsequenter Ablehnung der irisch-republikanischen Partei Sinn Fein als Verhandlungspartnerin wird der radikal-protestantische Parteivorsitzende der Democratic Unionist Party (DUP), Ian Paisley, möglicherweise Platz für seinen ärgsten Gegner machen müssen, den Vorsitzenden der Sinn Fein, Gerry Adams. Nach den Parlamentswahlen der vergangenen Woche wurden DUP und Sinn Fein zu den stärksten Kräften im Regionalparlament.

Bis vor kurzem hat sich der 80jährige Pfarrer Paisley geweigert, Gerry Adams und seinen Gefolgsleuten überhaupt die Hand zu geben. Nun könnten sich der »Demagoge« und der »Terrorist« künftig eine gemeinsame Regierung teilen. Das wäre eine bemerkenswerte Zwangsehe zweier Rivalen, die sich ganz und gar nicht leiden können.

Bis dato folgt ein Verhandlungsaufschub dem anderen, eine Frist nach der anderen läuft ab. Paisley verstand es, durch konsequente politische Verweigerung Sinn Fein unter Druck zu setzen. Immer wieder behauptete er, Sinn Fein verkörpere die IRA, und diese habe sich nie entwaffnen lassen. Paisley zweifelte jegliche Glaubwürdigkeit der Republikaner an und sämtliche Fortschritte, die seit dem Karfreitagsabkommen von 1998 erzielt wurden. Dafür liebten ihn seine Wähler, ebenso für sein Beharren darauf, dass die sechs Provinzen Nordirlands im Vereinten Königreich bleiben.

Als dann Gerry Adams Ende Januar das endgültige Zugeständnis machte, das protestantisch dominierte Justizsystem anzuerkennen (Jungle World 05/2007), musste Ian Paisley darauf reagieren. Bislang hat er sich nicht grundsätzlich gegen eine gemeinsame nord­irische Regierung mit Sinn Fein ausgesprochen. Die Mehrheit wählte ihn trotzdem, die DUP erhielt 36 der 108 Abgeordnetensitze, die zweit­stärkste Partei, Sinn Fein, 28. Schelte gab es vor allem von Paisleys ehemaligem Parteikollegen Robert McCartney von der Unionist Party (UK), der ihm Verrat an der protestantischen Sache vorwarf.

Den Verratsvorwurf kennt auch Gerry Adams nur zu gut. Nach seiner Anerkennung des verhassten Police Service of Northern Ireland bekam er Morddrohungen von radikalen Anhängern. Doch der befürchtete Zulauf für radikale Splittergruppen blieb bei dieser Wahl trotzdem aus.

Dieses Mal war es nicht Gerry Adams, der im Rampenlicht stand, sondern Ian Paisley. Vertreter der internationalen Presse versuchten, Stellungnahmen von ihm zur künftigen Regierungsbildung zu bekommen. Doch Paisley gab sich fromm, gelassen und verklärt: »Die Sonne scheint auf diejenigen, die es verdienen.« Wie eine mögliche Regierung zwischen den einstigen Feinden aussehen könnte, bleibt fraglich. Die irische und die britische Regierung haben den 26. März als Ende der Frist für eine Regierungsbildung festgesetzt – ansonsten soll Nordirland erneut von London aus verwaltet werden.

Auffällig war bereits im Wahlkampf, dass alltägliche Fragen wie etwa erhöhte Wassergebühren die Diskussionen bestimmten. Das könnte darauf hindeuten, dass viele der 1,1 Mil­lionen Bewohner Nordirlands mittlerweile das wollen, was Tony Blair und Bertie Ahern versprachen: Milliardeninvestitionen und politische Autonomie.