Geschenkt ist noch zu teuer

Platte Buch von markus ströhlein

»In Rainbows« kostet Geld. Bis vor kurzem konnte man das Album auf einer Internetseite herunterladen und den Preis selbst bestimmen. Nach Angaben eines Marktforschungsunternehmens haben sich 60 Prozent der Interessenten die Songs umsonst besorgt. Das wurde Radiohead anscheinend zu viel. Sie haben die als subversiven Akt gehandelte Verkaufsaktion beendet. Das Album ist mittlerweile in den konventionellen Formaten erschienen. Den Preis bestimmt ein Label.

Dabei trifft für die neue Platte und Radiohead vor allem ein Satz zu: selbst geschenkt ist noch zu teuer! Denn alles, was im Indie-Rock schon immer unerträglich war, hat die Band perfektioniert: Der Weltschmerz wird mit einem derartigen Ernst vorgetragen, dass ein Trauergottesdienst im Vergleich als humoristische Veranstaltung durchgehen dürfte. Überhaupt wird das Leid so authentisch vorgebracht, dass jede noch so auf Bodenständigkeit bedachte Cock-Rock-Show wie eine künstliche Inszenierung wirkt. Den Hauch des Elektronisch-Avantgardistischen gibt sich die Band mit gelegentlich eingestreutem Surren und Zirpen, das mittlerweile in jedem Werbespot für Filterkaffee zu hören ist. Und dass die Indie-Routinen gleichförmig dahingeschrammelt werden, gilt als Zeichen künstlerischer Reife. So ist »In Rainbows« ein weiteres Zeugnis dafür, dass Radiohead der U2-Ersatz für Leute sind, die auf Distinktionsgewinn Wert legen. Die eingangs genannten 60 Prozent haben jedenfalls nicht ganz das Richtige getan: Sie sollten Schmer­zensgeld für »In Rainbows« verlangen.

Radiohead: In Rainbows (XL/Beggars Group)