Liebt!

Der letzte linke Student von jörg sundermeier

Der letzte linke Student träumt. Träumen, das ist: in eine andere Realität gehen. Eine andere Realität: braucht es manchmal. Etwa: wenn man es nicht mehr aushält. Und was? Dass einen die schöne neue Studentin nicht anspricht. Oder: anguckt. Oder: einem auch nicht mehr begegnet. Das ist: sehr traurig. Und es ist: schmerzhaft.

Denn: das Herz macht es einem schwer. Der letzte linke Student weiß: »Das Herz hat einen direkten Draht zum Hirn.« Das steht im besonderen Notizbuch. Denn: der letzte linke Student hat das herausgefunden. Er hat es: gespürt. Erwiesen hat sich: hat das Herz Kummer, kann man nicht denken. Folglich: es muss eine Verknüpfung geben. Fast hätte der letzte linke Student gedacht: eine seelische Verknüpfung. Doch: an Seelen glaubt kein Kommunist. Seelen sind für Pfaffen und Mädchen. Seelen sind nicht: für Leute mit klarem Verstand. Daher übrigens: kann Freud nichts über Kommunisten sagen. Weil er nämlich: ein Seelenklempner ist. Und weil er nämlich nicht: weiß, dass Seelenhaben antikommunistisch ist. Überhaupt war auch Freud Antikommunist. Denn: er ist nicht nach Moskau gegangen. Sondern: nach London.

Doch: zurück zum eigenen Herz. Und zum eigenen Schmerz. Der letzte linke Student denkt nun. Er denkt: »Warum kann ich nicht aufhören zu lieben? Warum tue ich mir das an?« Und dann denkt er: »Weil ich muss.« Der letzte linke Student muss bekanntlich lieben. Er muss: weil die Revolution für alle ist. Und Revoltieren demnach: eine Aufopferung für alle. Für alle opfert man sich jedoch nur: wenn man liebt. Also: muss der letzte linke Student weiter lieben. Er muss: auch wenn’s wehtut. Und auch wir sollten ruhig mal ein Martyrium erdulden und nicht immer nur für uns da sein!