Junk Food

Was ist im Haus? Weißwein, abgelaufene Kapern und Backpulver. Doch bevor die Kapern in den Kübel gehen, fällt sie dir in den Arm – Verbraucherministerin Aigner. »Lass uns Lebensmittel retten«, flüstert sie. »Jedes achte Lebensmittel, das wir kaufen, werfen wir weg.« Auf ihrem Handy erscheint eine App, programmiert mit deinem Geld: die Zu-gut-für-die-Tonne-App, bekannt durch Plakate und TV. Sie zeigt Bilder von ängstlichen Äpfeln, mutlosem Käse. »Willst du diesen Käse kränken? Sieh nur den interaktiven Einkaufsplaner, die Reste-Rezepte von Sterneköchen!« Aber Ilse, parierst du, hat das Wort Sternekoch nicht seinen Glanz verloren, seit Lafers Narrenface auf Brühwürfeln und Schmelzkäse prangt?
Doch schon klickt sie sich durch die Zutaten: »Aus alten Kapern macht Horst Lichter toskanischen Brotsalat. Hilft auch, mehliges Weißbrot zu verbrauchen!« Sie beginnt, Kapern au vin im Dialog mit Backpulver zuzubereiten, und schneuzt sich hektisch in ein Taschentuch. Statt es wegzuwerfen, paniert sie es. »Kochpate Heinz Winkler, Patron der Residenz Heinz Winkler, macht aus Taschentüchern vom Vortag Bruschette à la connerie!« Aber Ilse, hältst du sie an, ist es nicht paradox, den Bauern Millionen zu geben, damit sie ganze Hektoliter Milch auf die Felder kippen, dem Verbraucher jedoch den Verzehr von Gammelkartoffeln zu empfehlen? »Gammelkartoffeln kannst du auch an die Tafeln spenden! Hartzvierler sind sooo dankbar, der Mittelschicht als lebende Recyclingstation zu dienen.« Dir wird klar: Wenn du nicht aufisst, hat eine irre Ministerin zwei Tage lang Schlechtwetter im Kopf. Du hilfst ihr, den Hausmüll über der brutzelnden Pfanne zu leeren, reichst ihr Messer und Gabel und rufst dann die Polizei. Die arme Frau!

Leo Fischer ist Chefredakteur des Satiremagazins Titanic.