Das Feuilleton auf dem Bildschirm

Serie. Der einflussreichsten Kulturzeitschrift der Welt huldigt jetzt eine neue Amazon-Serie: »The New Yorker Presents« lautet der Titel der Filmessay-Reihe, die sich der Magazinlegende auf ganz verschiedene Weisen nähert. Die Grundidee ist so einfach wie verwegen: Die Reihe ist der Versuch, das berühmte Feuilleton ins Filmische zu übersetzen und dabei sowohl die besondere Ästhetik und Ikonographie des New Yorker beizubehalten als auch die Mischung aus Dokumentationen, Kurzspielfilmen, Comedy, Poesie, Animation und Cartoons zu repräsentieren. Die Kurzfilme sehen den Cartoonisten und Reportern des Magazins bei der Arbeit über die Schulter oder erzählen inspierende, schockierende und immer überraschende Geschichten aus dem gesellschaftlichen Leben nicht nur der USA, begleiten nackte Cowboys durch Manhattan oder Brieftauben fütternde Männer auf entlegene Dachgärten. Im Prinzip funktioniert die Serie wie alle TV-Kulturmagazine auch. Nur besser eben. her
Genossen, an die Orgeln
Weltkulturerbe. Im nächsten Jahr entscheidet sich, welche Dinge wirklich wichtig sind und zum Weltkulturerbe gehören werden. Ein neuer heißer Kandidat ist die Orgelmusik. Zusammen mit dem Orgelbau hat sie gute Chancen auf den Titel »Kultur­erbe der Menschheit«. Die deutsche Unesco-Kommission hat das Handwerk samt Musik für die internationale Welterbe-Liste vorgeschlagen. In Deutschland gibt es mit etwa 50 000 Instrumenten die größte Orgeldichte der Welt. Auch die Zahl der Orgelbaubetriebe ist mit 400 rekordverdächtig. Sie bringen es jedes Jahr auf 100 Instrumente. Der Orgelbau ist bereits die zweite deutsche Nominierung, sie konkurriert mit der bereits auf die Vorschlagsliste gesetzten Genossenschaftsidee. Auch nicht unwichtig. her
Retten, was zu retten ist
Palmyra. Die antike Oasenstadt Palmyra im syrischen Gouvernement Homs scheint in besserem Zustand zu sein als befürchtet. Experten aus Berlin haben nach dem Abzug des »Islamischen Staats« ihre Unterstützung bei der Rekonstruktion zerstörter Welterbestätten in Palmyra angeboten. »Für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz lässt sich sagen, dass wir für jede Form der Hilfe bereitstehen«, teilte deren Präsident, Hermann Parzinger, mit. Das gelte auch für ihre Expertise in Sachen Rekonstruktion. »Momentan ist es so, dass sich die syrischen Kollegen ein Bild der Lage in Palmyra machen«, sagte Parzinger. Die syrische Antikenverwaltung werde in der kommenden Woche sagen können, wo sie Hilfe von der Weltgemeinschaft erwarte. her
Comeback
Guns N’ Roses. Die Zeiten der guilty pleasures, geheimer Vorlieben im musikalischen Bereich, sind seit langem vorbei. Man ist sich einig: Niemand steht ausschließlich in Galerien herum, um die feinen Nervenenden durch Klanginstallationen von Felicia Atkinson kitzeln zu lassen; keiner denkt pausenlos nur über den Einfluss John Cages auf Ryuichi Sakamoto nach; und wer sich tagsüber mit mikro­tonalen Erweiterungen im Werk György Ligetis beschäftigt, kann abends durchaus bei Katy Perry in der ersten Reihe anzutreffen sein. Weil das so ist, der legitime Geschmack seine Verbindlichkeit verloren hat und jedes Argument plausibel erscheint, noch die eigenartigste Lieblingsband ins rechte Licht zu rücken, geht alles – denkt man sich gerade noch, und plötzlich kommen die guten alten »Gunners« aus der Versenkung hervor. Am vergangenen Freitag standen Axl Rose und Slash im Troubadour, einem kleinen Club in Los Angeles, in dem die Karriere ihrer Band Guns N’ Roses begann, zum ersten Mal seit 23 Jahren gemeinsam auf der Bühne. Alles geht; aber muss dieses Comeback deshalb gutgeheißen werden?­ oko