Diskussion über den besten Umgang mit der Menstruation

Besser bluten

Alle Mens­truationsprodukte und Verhütungsmittel haben ihre Vor- und Nachteile. Während die einen es vorziehen, gezielt Blutbäder anrichten zu können, möchten die anderen lieber gar nicht mehr bluten.

Gar nicht zu bluten, ist besser

»Und, wie lange dauert das?« fragt die elfjährige Protagonistin in der Serie »Working Moms« eine Freundin ihrer Mutter, nachdem diese ihr erklärt hat, wie die Menstruation funktioniert. »Oh, so etwa 50 Jahre«, antwortet die, leicht geistesabwesend. Die Reaktion ist ein schriller Schrei: »Was?«

Eine adäquate Reaktion, würde ich sagen. Wir Menschen mit Uterus leben zwischen Pubertät und Menopause die ganze Zeit damit und merken gar nicht mehr, was für eine Zumutung das eigentlich ist. Nicht wenige leben mit Fluten von Blut und tagelangen, starken Schmerzen, mit hormonellen Wechselbädern, die so heftig sein können, dass wir morgens aufstehen und nicht wissen, welche Dämonin uns da gerade aus dem Spiegel anblickt. Gleichzeitig wird von uns erwartet, niemanden damit zu belästigen, dass wir funktionieren. Wir merken nicht, was es für eine Belastung ist, weil wir in einer Arbeits- und Freizeitwelt leben, die von Männern für Männer eingerichtet wurde. Nicht-Cis-Männer dürfen mittlerweile daran teilhaben, aber nur, wenn wir das Lästige aus ihr heraushalten: Babys, stillende Brüste, schwangere Bäuche und Menstruation.

Wer menstruiert denn noch, als wäre es 1996?

Während der Menstruation bloß nicht aufzufallen, wird durch manche Verhütungsmittel sogar noch erschwert. Das sogenannte Intrauterinpessar beispielsweise, die Kupferspirale, kann die Blutungen ebenso wie die Schmerzen verstärken – und auch beim Vaginalsex wehtun, prima für ein Verhütungsmittel. Viele Frauen wählen sie dennoch, um sich Hormone zu ersparen. Die Platzierung der Spirale ist so schmerzhaft wie der Preis hoch. Diesen bezahlt natürlich die betroffene Person selbst, denn wo kämen wir hin, wenn eine Krankenversicherung Personen mit Uterus bei dessen Versorgung und Regulation unterstützte? Es geht ja nur um wenig mehr als die Hälfte der Menschheit. Und was haben Männer mit Verhütung zu tun? Sie können ja nicht schwanger werden.

Mein Versuch mit der Kupferspirale war kein langfristiger Erfolg. Wer schon einmal die Windelpackung der Kinder plündern musste, um ohne ungeplantes free bleeding nach Hause zu kommen, versteht meine Suche nach Alternativen. Und wer menstruiert denn noch, als wäre es 1996? Damals wurde die Hormonspirale in Deutschland zugelassen. Sie verringert die Stärke der Blutungen. Seit 2013 gibt es ein Modell, das mit geringeren Dosen des Hormons Gestagen auskommt, zudem wird dieses lokal abgegeben, so dass die hormonelle Belastung deutlich geringer ist als etwa bei der Pille.

Ich war dennoch unschlüssig, denn eine Vielzahl von Frauen hat mit heftigen Nebenwirkungen bis hin zu Depressionen zu kämpfen (laut Packungsbeilage bis zu zehn Prozent). Frauen sollen die Wahrscheinlichkeit solcher negativen Wirkungen jedoch ignorieren, es wird sie schon nicht treffen, oder, wenn doch, nicht so schlimm werden. Die Misogynie ist bekannt: Frauen werden abgewertet, wenn sie über Schmerzen oder Unbehagen sprechen, sie werden fehldiagnostiziert, verspottet und nach Hause geschickt, manche sterben daran, dass ihre Schilderungen nicht ernst genommen werden. Jede, die einmal versucht hat, sich über Gewalt unter der Geburt zu beschweren, weiß das.

Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Frauen dennoch versuchen könnten, ihre Leiden als Problem ernst zu nehmen, hatte die Firma Bayer vorsorglich eine Kampagne in den sozialen Medien mit gefälschten positiven Berichten zu ihren Hormonspiralen lanciert, was ihr 2015 lediglich eine sanfte Rüge des österreichischen Ethikrats einbrachte. Tatsächlich hielt es nur etwas mehr als die Hälfte der Nutzerinnen aus, ihre Hormonspirale die vollen drei Jahre zu tragen. Ich besprach das Problem mit meiner Frauenärztin, die mich ansah und fragte: »Wollen Sie weiter so bluten, oder wollen wir es versuchen?«

»Okay«, sagte ich. Ich habe Glück gehabt und keine Depressionen bekommen. Ich kann das Ding tragen. Bluten war gestern. Kostet natürlich, siehe oben. Darum an dieser Stelle die Empfehlung, den potentiellen Besamer wahlweise zur (Ko-)Finanzierung der Verhütungsmittel oder zur Vasektomie anzuhalten. Letztere, so empfehlenswert sie in jeder Hinsicht auch sein mag, hat allerdings den Nachteil, nur für die streng monogame Eierstockträgerin als Rundum-sorglos-Paket gelten zu können. Und gegen schmerzhafte Blutungen hilft sie auch nicht.

Von Viola Nordsieck

 

Alles in die Tasse

Um es vorneweg klarzustellen: Menstruation ist nichts Tolles, das zelebriert werden sollte. Sie ist weder »Ausdruck natürlicher Weiblichkeit« noch die »Essenz von Frausein«, wie Differenzfeministinnen oder übereifrige Bezugspersonen gern aus Anlass der ersten Periode einer Elfjährigen behaupten. Perioden sind vielmehr oft schmerzhaft, unangenehm, sie verursachen Blähungen oder Flecken in Unter- und Bettwäsche. Sie sind mitnichten etwas, das esoterisch aufgeladen und romantisiert, allerdings noch weniger etwas, das verteufelt und dämonisiert werden sollte. Einen großen Vorteil hat die Periode allerdings für heterosexuell aktive Frauen ohne Kinderwunsch, sie bringt nämlich diese gewisse Erleichterung, nicht schwanger zu sein, die sich auch dann einstellt, wenn eine wirklich safe verhütet hat. Ganz sicher ist das allerdings nicht, es gibt auch Menschen mit Uterus, die trotz regelmäßiger Periode schwanger sind und das daher erst spät bemerken.

Die Menstruationstasse ist gesund, umweltschonend und preisgünstig.

Wenn es nach mir ginge, könnte man die ganze Angelegenheit einfach gleich abschaffen, aber das ist leider nicht so einfach möglich. Ich selbst kam mit der Hormonkeule Pille nie so recht klar und das Verhindern der Menstru­ation durch die Hormonspirale funktioniert auch nur in etwa 20 Prozent der Fälle. Also stopfte ich mir über Jahre hinweg gepresste Wattebäusche in die ­Vagina oder pappte mir Binden in den Schlüpfer. Sobald die Bauchkrämpfe anfangen, muss man vor dem Verlassen des Hauses Tampons in die Tasche packen – es könnte ja immer sein, dass einen die Situation beim nächsten Gang auf die Toilette an diese Aufzugszene aus »Shining« erinnert. Und wehe, eine hat nicht an die Tampons gedacht oder die Tasche nicht mit aufs Klo genommen: entweder muss man den Tampon umständlich raus- und wieder reinfummeln, oder man uriniert den blauen Faden voll – großes Glück ist es allerdings, wenn solidarisch ein Tampon aus der Nachbarkabine herübergereicht wird. Auch Schwimmen ist nervig; anders als die Tamponwerbung suggeriert, saugen sich die Dinger nämlich mit Wasser voll. Überhaupt: die Werbespots! Will man Produkte von Unternehmen, die nicht einmal rote Flüssigkeit zu verwenden wagen, um die Saugkraft von Menstruationsprodukten darzustellen, überhaupt kaufen?

Kurz, die Menstruation war lange Zeit eine Last – bis die Menstruationstasse in mein Leben kam. Dann wurde vieles anders. Eine unvollständige Liste der Vorteile der kleinen Silikonbecher: Sie trocknen, im Gegensatz zu Tampons, die Scheideninnenwände nicht aus, sind also gesünder für die Vaginalflora. Jedes Jahr entstehen in Deutschland, Österreich und der Schweiz etwa 75 000 bis 125 000 Tonnen Müll durch Menstruationsprodukte; diese Menge kann erheblich reduziert werden. Menstruationsprodukte sind teuer, weil sie für die Hälfte der Weltbevölkerung praktisch unentbehrlich sind, womit sich recht gut Profit machen lässt. Als der Steuersatz auf Tampons, Binden und Slipeinlagen Anfang des Jahres gesenkt wurde, haben die meisten Unternehmen den Produktpreis erhöht.

Die Menstruationstasse hingegen ist gesund, umweltschonend und preisgünstig. Leute zu besuchen, die keinen Badezimmermülleimer haben, führt jetzt nicht mehr zu peinlichen Szenen (anraunzen sollte man die Leute natürlich trotzdem, um die Situation für die nachfolgenden Klobenutzerinnen zu verbessern). Die Tasse lässt sich einfach auswaschen, beispielsweise morgens unter der Dusche. War das Wechseln von Hygieneprodukten einst ein langweiliger Akt, wird er durch die Menstruationstasse zum Erlebnis: man kann den Inhalt ausleeren und sich für einen kurzen Moment fühlen wie die keltische Stammesführerin Boudicca, die im Blut ihrer Feinde watete. Ein Foto des mit Menstruationsblut gefüllten Bechers ist eine gute Antwort auf unbestellte dick pics. Es gibt nämlich kaum eine Sache, mit der Männer ein so großes Problem haben wie mit dem Blut, das aus einer Vagina kommt. Und wenn sich Cis-Männer vor der Menstruation ekeln – wieso sie dann nicht als Waffe gegen das Patriarchat nutzen? Dazu eignen sich Menstruationstassen nun einmal ganz hervorragend.

Von Veronika Kracher