Um mein Leben
Azadiya
Schon nach meiner Flucht von zu Hause wollte ich mich Azadiya nennen: von azadî, dem kurdischen Wort für Freiheit. Das sollte mein Schutzname sein. Aber das Jugendamt sagte, ein kurdischer Name wäre kein guter Schutz.
Azadî ist ein männliches Wort, Azadiya ist weiblich. Das passt zu mir: Freiheit und Frauen. Gerade stehe ich in Kontakt mit einer jungen Frau, die auch von zu Hause weggehen will. Am Montag nach der Arbeit fahre ich sie in ein Frauenhaus, 300 Kilometer von ihrer Stadt entfernt. Eigentlich wollte sie mit dem Zug fahren, aber die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses meinten, mit dem Auto sei es sicherer. In meine erste Schutzeinrichtung, die mehrere Hundert Kilometer entfernt lag, wurde ich auch mit dem Auto gefahren.
Damals war ich unglaublich einsam und allein. Jetzt helfe ich anderen Frauen, die mich meistens über Instagram anschreiben. Ich erzähle meine Geschichte und rede mit ihnen, und manche fahre ich quer durchs Land. Nach drei Monaten mit Führerschein und eigenem Auto bin ich schon über 7 000 Kilometer gefahren. Später will ich selbst eine Einrichtung aufbauen, um Frauen und Mädchen zu helfen. Das ist mein Traum. Erst gehe ich in die Schweiz, um Geld zu verdienen, und dann gründe ich mein Schutzhaus. Es soll Azadiya heißen, wie ich in diesem Buch.
Meine Cousine wurde Opfer eines Ehrenmords, weil sie ein freies Leben führen wollte. Ihre Familie – unsere Familie – hat sie ermordet. Ich habe überlebt, weil ich nach dem Mord gegangen bin und als Angehörige unserer Familie Unterstützung bekommen habe.
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