Abschiebung von Yeziden in den Irak

Flüchtlingsrats fordert Abschiebestopp

Immer mehr Yeziden werden aus Deutschland in den Irak abgeschoben. Dort drohe ihnen eine »Fortsetzung des Genozids«, hieß es vergangene Woche auf einer Pressekonferenz des Flüchtlingsrats Niedersachsen.
Raucherecke Von

Im Jahr 2014, als der »Islamische Staat« (IS) an den Yeziden im Irak einem Völkermord verübte, floh Shafa Galal Hussein gemeinsam mit ihren Schwestern. Die Eltern hätten sie damals einfach »losgeschickt«, erzählt die junge Frau vergangene Woche auf einem Podium des Flüchtlingsrats Niedersachsen. Die ersten Wochen in Deutschland seien »sehr schwer« gewesen. Erst als im Zuge des Familiennachzugs ihre Eltern nachkamen, habe sie sich besser auf die Schule und ihre Deutschkurse konzentrieren können.

Zurück will sie auf keinen Fall. »Im Irak hat man keine Zukunft und da dürfen Frauen auch nicht arbeiten«, sagt sie.

Für Holger Geisler, ehemaliger Sprecher des Zentralrats der Yeziden, ist es »unfassbar«, dass Bundesländer wie Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen seit diesem Jahr wieder Yeziden in den Irak abschieben. Und das nicht nur, weil ihm Politiker immer wieder bestätigt hätten, dass die Integration vieler dieser Menschen »wirklich sehr, sehr gut gelungen ist«. Was habe es denn praktisch bedeutet, fragt Geisler, dass der Deutsche Bundestag am 19. Januar dieses Jahres den Völkermord an den Yeziden als solchen anerkannt hat: »Sind das allein Lippenbekenntnisse?«

Von den weltweit 1,2 Millionen Yeziden leben schätzungsweise 200.000 in Deutschland. Viele von ihnen sind seit dem Genozid hierher geflohen.

Von den weltweit 1,2 Millionen Yeziden leben schätzungsweise 200.000 in Deutschland. Viele von ihnen sind seit dem Genozid hierher geflohen. Shafa Hussein nennt Deutschland ihre »neue Heimat«.

Die Yeziden, die im Irak geblieben sind, lebten dort oftmals in Zelten. Sie hätten »vielleicht etwas zu essen«, doch könnten sie aus Angst oft nicht schlafen.

Geisler zufolge drohten rund einem Drittel der in Deutschland lebenden Yeziden eine Abschiebung in den Irak – in diesem Jahr wurden insgesamt schon 135 Menschen dorthin abgeschoben, darunter auch Yeziden. Im Irak, dem »Land der Täter«, wie Geisler es nennt, seien Yeziden keineswegs sicher. In der Region Shingal im Norden des Landes lebten bis heute die Menschen, die sich 2014 an der Ermordung, Vergewaltigung und Zwangskonvertierung ihrer yezidischen Nachbarn beteiligt hatten. Mit einer Abschiebung zurück in den Irak drohe den Yeziden daher eine »Fortsetzung des Genozids«.

Geisler möchte unbedingt »alle in die Pflicht nehmen«. Angefangen von den Innenministern der Länder, dem Bundesinnenministerium bis hin zu den einzelnen Bundestagsabgeordneten könne jeder dazu beitragen, »für einen Abschiebestopp der Yeziden zu sorgen«. Ein gutes Beispiel seien in dieser Hinsicht die Länder Bremen, Berlin und Niedersachsen, die weiterhin keine Menschen in den Irak abschieben.