Atletico Madrid steht vor der Pleite

Jesus killt Bettlaken

»Technisch bankrott« lautete das vernichtende Urteil des spanischen Justizverwalters Luis Manuel Rubi über seinen Klienten, den 1903 gegründeten einstigen Nobelclub Atletico Madrid. Nur eine Kapitalerhöhung von umgerechnet schätzungsweise 150 Millionen Mark könne den Verein vor dem endgültigen Aus bewahren - so viel Geld werden jedoch auch die traditionell fanatischen Supporter so schnell nicht aufbringen können.

Nur ein Anhänger der »Bettlaken«, wie Atletico wegen seiner Farben (Blau, Weiß, Rot) in Spanien genannt wird, will sich nicht mit der Pleite des Clubs abfinden: Jesus Gil y Gil, der 67jährige exzentrische Ex-Atletico-Präsident und der mutmaßliche Killer des mehrfachen Landesmeisters. Deswegen klingt sein »Wenn Atletico stirbt, dann sterbe ich auch« ziemlich verlogen.

Zumindest für die Ohren jener Fraktion, die den schwer reichen Baulöwen Gil stets für einen größenwahnsinnigen Potentaten gehalten hat - und die dabei immer in der Minderheit geblieben ist. Denn die Bettlaken-Fans liebten ihren Präsidenten, z.B. wenn er über die mächtigen Konkurrenten von Barcelona oder Real herzog. Oder seine berüchtigten Gil-y-Gil-Shows abzog: Mal stolzierte Jesus mit einem echten Krokodil an der Leine ins Atletico-Stadion, ein anderes Mal kaufte er sich medienwirksam einen veritablen Flugzeugträger. Auf die Frage nach dem Warum antwortete er damals kurz und knapp: »Ich hatte noch keinen.«

Alle Versuche des spanischen Fußball-Verbandes, dem Bauunternehmer in der Vergangenheit seriöses Präsidieren beizubringen, schlugen jedoch gründlich fehl. Strafen oder Sperren wurden von ihm ignoriert, Geldbußen zahlte er aus der Portokasse.

Diemal aber wird es für Jesus Gil y Gil wirklich eng. Als Bürgermeister des Schicki-Micki-Nestes Marbella soll er umgerechnet 5,3 Millionen Mark aus dem Stadtsäckel entwendet und in die Vereinskasse von Atletico umgeleitet haben. Zusätzlich überwies Marbella Steuergelder an den Verein, damit die Spieler mit Trikotwerbung für den mondänen Badeort aufliefen.

Der Trick flog auf. Die Staatsanwaltschaft in Malaga fordert nunmehr 34 Jahre Haft wegen Veruntreuung und Urkundenfälschung für den mittlerweile abgesetzten Atletico-Präsidenten. Und sportlich geht es mit dem Verein rasant bergab. Bis auf den letzten Platz in der Eliteserie ist der einst so erfolgreiche Club zurückgefallen, der blau-weiß-rote Kader wird systematisch von der Konkurrenz aufgekauft. Stürmerstar Jimmy Hasselbaink soll bereits mit dem niederländischen Top-Verein PSV Eindhoven handelseinig sein, Nationaltorwart José Molina wird zu Manchester United wechseln, der Tscheche Radek Bejbl demnächst bei Tottenham spielen. Santiago Solari wird von Juventus Turin umworben, das Dribbel-Wunder Kiko von Betis Sevilla.

Und Gil weint vermutlich nachts heimlich in sein Bettlaken.