Einschlaftipps für Sportnost­algiker

Unaufgeregtes Sportgucken

Für Fans nicht nur alter Fußballvideos gibt es eine Vielzahl von kostenlosen Angeboten, die auch, aber nicht nur als Einschlafhilfen ­empfehlenswert sind.

Sport live im Fernsehen zu schauen, ist eine sehr aufregende Beschäftigung. Niemand weiß, wie ein Fußball- oder Eishockeyspiel ausgeht, ob der Reiter nicht im hohen Bogen vom Pferd fliegt oder das Gehirn des Schachspielers vor Anstrengung zu kochen beginnt und ihm im nächsten Augenblick als Dampf aus den Ohren entweicht.

Viel entspannter ist es, sich vergangene Sportereignisse anzuschauen, die den nervenschonenden Vorteil haben, dass schon bekannt ist, wer gewonnen hat. Mehr Menschen sollten sich in dieser Hinsicht an Bijan Djir-Sarai, dem Generalsekretär der FDP, ein Beispiel nehmen. Über ihn berichtete die FAZ, er sehe sich gern alte Fußballspiele an. Erst neulich habe er sich das WM-Viertelfinale von 1986, Deutschland gegen Mexiko, angesehen. Deutschland gewann im Elfmeterschießen. Es entspanne ihn, auch weil er das Ergebnis schon kenne.

Auf der Seite »In voller Länge« findet man Links zu allerlei vergangenen Fußballspielen. Viele Bundesliga-Matches sind dort zu sehen, aber auch Spiele der Copa America, der Champions League oder des in Vergessenheit geratenen FDGB-Pokals. So manche Partie, die das Herz des Fußball-Connaisseurs höher schlagen lassen würde, ist zwar noch gelistet, doch die Links führen leider ins Leere: Dänemark – Uruguay (6:1, WM-Vorrunde 1986), Belgien – Algerien (2:1, WM 2014) oder Saudi-Arabien – Dänemark (0:1, WM-Vorrunde 1998) sind nicht mehr zu bewundern. Dafür kann man aber noch einmal seinen Spaß mit großartigen deutschen Niederlagen haben, wie zum Beispiel dem Match Deutschland – England (1:5, WM-Qualifikation 2001), Deutsch­land – Italien (1:3, WM-Finale 1982) und dem legendären EM-Endspiel Dänemark – Deutschland (2:0, 1992).

Was tut man, wenn man nicht einschlafen kann? Aufzeichnungen der Olympischen Spiele auf Olympics.com schauen. Es gibt drei olympische Schießdisziplinen: Gewehr, Pistole und Schrotflinte. Gemeinsam ist ihnen allen, dass sie sterbenslangweilig sind.

Aber natürlich ist Fußball nicht alles. Das Internet ermöglicht es, dass wir uns an Sportler erinnern, die schon unsere Eltern oder Großeltern längst vergessen haben. Wer kennt denn schon noch den Spitzenturner Adalbert Dickhut, der beim Deutschen Turnfest 1953 in Hamburg im Achtkampf gewann (und nicht mit Willi Dickhut, einem Mitgründer der MLPD, verwandt oder verschwägert war)? In seiner Zeit war er eine Fernsehlegende. Am 19. Januar 1955 startete im Deutschen Fernsehen die Sendung »Fünf Minuten mit Adalbert Dickhut«, die später verlängert und folgerichtig in »Zehn Minuten mit Adalbert Dickhut« umbenannt wurde.

Darin zeigte Adalbert Dickhut im Studio vor zwei elektronischen Kameras jeweils mit einer Gruppe von Kindern – drei Jungen und einem Mädchen – sportliche Übungen. Die Zuschauer zu Hause sollten diese nachmachen. Als Hilfsmittel durfte nur das verwendet werden, was damals in jedem Haushalt zu finden war. Die Sprünge sollten leicht sein, denn wie Dickhut sagte: »Wir wollen doch nicht, dass den Nachbarn die Decke runterfällt.« Der hausgemeinschaft­liche Frieden lag dem Sportler sehr am Herzen. Zu bewundern ist sein Wirken in der Mediathek des WDR.

Sarah Connors unkonventionelle Interpretation der deutschen Nationalhymne

Sport soll ja nicht nur anstrengend sein, sondern kann auch Spaß machen. Die Website Sportfails bietet mit der Dokumentation von Sarah Connors unkonventioneller Interpretation der deutschen Nationalhymne dafür einen guten Einstieg. Wer sang denn nicht 2005 vor dem zweiten Eröffnungsspiel in der Münchner Allianz-Arena voller Inbrunst »Brüh im Lichte dieses Glückes« mit? Gut gelaunt kann man sich dann noch einmal den Moment anschauen, als während des Revierderbys 1969 zwischen dem Borussia Dortmund und Schalke 04 ein Hund Friedel Rausch in den Hintern biss; oder die Vuvuzela-Klänge der WM 2010 ohne Filter genießen oder sich noch einmal Trapattonis kultverdächtige Flasche-leer-Rede anschauen.

Auf dem Youtube-Kanal »Cinematheque Universelle« zeigt ein Video den Augenblick, den Éric Cantona, der Fußballgott der neunziger Jahre, später als den Höhepunkt seiner Karriere beschreiben sollte: Während des Spiels Manchester United gegen Crystal Palace beschimpfte ihn ein Palace-Fan mit den Worten: »Du dreckiger Franzose! Verpiss dich zurück nach Frankreich, du Hurensohn!« Cantona nahm daraufhin Anlauf und beehrte den Beschimpfer mit einem ausgesprochen sehenswerten Kung-Fu-Tritt.

Noch weiter zurück ins vergangene Jahrtausend kann man bei »Alpha-retro« reisen, einem Angebot des Bayerischen Rundfunks in der ARD-­Mediathek. Dort ist die Welt noch schwarzweiß und vor allem bayerisch. Die »Münchner Abendschau« widmete sich beispielsweise 1965 der Frage, ob Frauen mit ins Stadion gehen sollten. Harry Valérien, wahrscheinlich der beste Sportreporter in der Geschichte des deutschen Fern­sehens, stellte eine Gruppe von Skianfängern vor und begleitet sie bei ihrem ersten Skikurs.

»König Fußball auf dem Dorf«

Und dann ist da noch der Film »König Fußball auf dem Dorf« aus dem Jahr 1957, ein echtes Zeitdokument: Der Fernsehjournalist Richard Dill begleitet eine ganze Woche lang einen Fußballverein aus dem Frankenwald. Man sieht die Kicker feiern, trinken, Karten spielen und trainieren. Und Dill filmt sie auch bei der Arbeit. Doch bei einigen der Fußballer war das damals nicht möglich, denn sie arbeiteten in einem Schieferbruch im nahegelegenen Lehesten – in der DDR herrschte Facharbeitermangel, das Land beschäftigte daher bayerische Gastarbeiter.

Auch das ZDF hat ein Videoarchiv, nimmt aber alles etwas ernster: Man kann dort den Thriller von Sevilla der WM 1982 sehen, den die deutsche Fußballnationalmannschaft gegen Frankreich nach Verlängerung im Elfmeterschießen gewann, ebenso Boris Beckers Wimbledon-Triumph 1985 und Steffi Grafs Sieg über Martina Navratilova 1985. Aber wer will das schon? Eine Dokumentation über Pelé ist allerdings sehenswert.

Was tut man, wenn man nicht einschlafen kann? Aufzeichnungen der Olympischen Spiele schauen. Es gibt drei olympische Schießdisziplinen: Gewehr, Pistole und Schrotflinte. Gemeinsam ist ihnen allen, dass sie sterbenslangweilig sind und niemanden interessieren. Wer bei den Videos, die auf Olympics.com zu sehen sind, keine Nachtruhe findet, der ist wirklich ein besonders schwerer Fall.

Die Olympischen Spiele 1904 fanden in St. Louis in den USA statt. Damals waren noch so schöne Sportarten wie Sackhüpfen, Tonnenspringen und Tabakweitspucken olympisch.

Es gibt zahlreiche Videos auf Youtube über die wohl ausgefallensten Olympischen Spiele aller Zeiten. Sie fanden 1904 in St. Louis in den USA statt. Damals waren noch so schöne Sportarten wie Sackhüpfen, Tonnenspringen und Tabakweitspucken olympisch. Auf Film gebannt wurden diese Wettkämpfe leider nicht. Dafür aber der damalige Marathon, der heutzutage sagenumwoben ist: Die Strecke war zwei Kilometer länger als vorgesehen, Wasser bekamen die Athleten nur an einer Stelle, weil Trinken als leistungshemmend angesehen wurde. Der südafrikanische Läufer Len Taunyane soll mehr als eine Meile lang von einem Hund verfolgt worden sein. Merkwürdigerweise erhöhte das wohl nicht seine Laufgeschwindigkeit: Er verlor sechs bis sieben Minuten. Wahrscheinlich war der Hund sehr niedlich und Taunyane spielte ein wenig mit ihm. Anderen erging es jedoch noch schlechter: Bei Temperaturen von 32 Grad im Schatten erreichten nur 14 von 32 Läufern das Ziel.

Eine ähnliche Plackerei kann auch der Besuch des Deutschen Fußballmuseums in Dortmund sein. Außerdem muss man dafür ja nach Dortmund reisen, was auch schon kein Vergnügen ist. Wie praktisch, dass das Museum einen eigenen Youtube-Kanal hat, auf dem immerhin 122 Video zu finden sind. Dort gibt Béla ­Réthy Schwänke aus seiner Zeit als Moderator zum Besten, Franz Beckenbauer ist ebenso zu sehen wie sehr lange Vorträge zur Nacht von Sevilla oder zu Fußball und Identität im Ruhrgebiet. Letztere sind als Schlummervideos bestens geeignet.