Die Berliner CDU engagiert einen ehemaligen SED-Funktionär

Schabowski rennt

Es ist Wahlkampf in der Hauptstadt. Niemand will in solchen Zeiten wirklich Stellung beziehen, im Gegenteil, jede Partei will etwas völlig Wahnwitziges erreichen: die Grünen eine Regierungsbildung ohne die PDS, die SPD dasselbe mit jedem und zugleich ohne alle, die CDU eine Herrschaft mit der FDP, die PDS den Sieg mit Gysi und die FDP überhaupt mal wieder was.

Und dabei nötigen die einen die anderen lediglich, sich entweder für sich selbst zu entschuldigen oder für ihren Spitzenkandidaten. Das aber ist nichts weiter als müdes Gekeife, und fast scheint es, als gehe es um nichts. In Fragen der politischen Zukunft Berlins sind sich jedenfalls alle nahezu einig.

Um trotzdem einen pluralistischen Politikbetrieb simulieren zu können, müssen Themen her. Da der Spendenskandal von der SPD vergessen worden ist, weil sie ihn offensichtlich nicht so intensiv verhandelt wissen will, das Comingout des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) der CDU aber jede Möglichkeit nahm, Anspielungen zu machen, und die PDS sich als Partei der drastischen Kürzungen im sozialen Bereich profiliert, bleibt nichts als die Mauer und die Einheit der Stadt.

Und hier nun erweist sich der Vorsitzende der Berliner CDU, Frank Steffel, wieder einmal als jemand, der geschickter agiert, als man es ihm zutrauen mochte. Nicht nur, dass er binnen weniger Wochen die gesamte Partei hinter sich geeint und aus der eben erst führungslos gewordenen Hauptstadt-CDU erneut einen verschworenen Haufen gemacht hat, er scheint offensichtlich auch noch seinen Wahlkampfstab motivieren zu können.

Am vergangenen Donnerstag präsentierte die CDU den von ihr initiierten Gesprächskreis »Innere Einheit«, der natürlich ohne Grüne, Sozialdemokraten und PDS-Mitglieder auskommen muss, stattdessen aber mit Günter Schabowski aufwartet, einem ehemaligen Mitglied des SED-Politbüros. Er wird in dem Gremium den Spitzenkandidaten Steffel in seinem Kampf gegen die Rückkehr des Kommunismus unterstützen.

Das verwundert nicht wirklich, konnte sich der ewig reuige Schabowski in den letzten zwei Jahren doch solch lebhafter Unterstützer wie Klaus Landowsky, Vera Lengsfeld, Michael Glos oder Wolfgang Schäuble erfreuen, die den zum Antikommunisten geläuterten früheren Funktionär und Verkünder der Maueröffnung als couragierten Mann würdigten.

Neben Schabowski finden sich diverse halbprominente mittelständische Unternehmer in diesem Kreis und selbstredend die unvermeidliche Bärbel Bohley. Aber vor allem geht es bei diesem Coup um Schabowski. Das Signal, dass Steffel mit der Umarmung Schabowskis setzen will, ist deutlich: Alle Kommunistenschweine hab ich lieb, sobald sie keine Kommunisten mehr sind.

Es ist nicht nur eine Botschaft an die jetzt in der Marktwirtschaft tätigen ehemaligen FDJler in Berlin. Nein, Steffel will es offensichtlich auch der PDS leicht machen, die letzten moralischen Bedenken über Bord zu werfen und sich willenlos in die Arme des rechten Deutschlands zu begeben.

Doch die PDS hört das Signal nicht, sie zeigt sich vielmehr ein weiteres Mal beleidigt. So schafft der Gesprächskreis »Innere Einheit« also nur ein paar Schlagzeilen und bleibt ansonsten funktionslos. Aber Bohley ist das unsinnige Herumsitzen ja bereits aus ihren geliebten demokratischen Foren gewöhnt, und Schabowski kennt es aus der Haft.

Nur einer fehlt noch. Ist Lutz Rathenow etwa krank?