Reiseverweigerung von Fußballern

Nicht nach Israel

Die Fußballer des israelischen Clubs Hapoel Tel Aviv hatten Glück. Am Dienstag letzter Woche verkündete die nordirische Untergrundorganisation IRA, mit der Rückgabe ihrer Waffen zu beginnen und rettete damit in letzter Minute den Friedensprozess in Nordirland. In der britischen Hauptstadt London, die schon öfter zum Ziel von IRA-Anschlägen wurde, sind demnach keine Attacken aus dieser Richtung mehr zu erwarten. Die israelischen Fußballer können also beruhigt zu ihrem donnerstäglichen Uefa-Cup-Rückspiel reisen, um die Chance wahrzunehmen, den Londoner FC Chelsea aus dem Wettbewerb zu kicken - zumindest von der IRA werden sie nicht mehr bedroht. Bleiben nur noch unzählige islamische Organisationen, die den Juden den Krieg angesagt haben.

Alles Blödsinn? Sicher nicht. Denn vor dem Hinspiel in Tel Aviv gab es größere Querelen in der Mannschaft von Chelsea. Bis fünf Tage vor dem Match stand nicht fest, ob die Londoner Multi-Kulti-Truppe von Trainer Claudio Ranieri überhaupt auflaufen würde. Sie trat an, aber sechs Stammspieler reisten nicht mit, obwohl die israelischen Behörden für ihre Sicherheit garantierten und auch das Außenministerium Großbritanniens keinerlei Gefahren sah.

Die französischen Spieler Marcel Desailly, Emmanuel Petit und William Gallas, der Spanier Albert Ferrer, der Isländer Eidur Gujohnsen und der englische Nationalspieler Graeme Le Saux mussten sich hinterher von den eigenen Fans als »Feiglinge« beschimpfen lassen. Einer äußerte sich im Internet über die Reiseverweigerer. »Diese Gruppe von pathetischen, schändlichen und wirklich feigen so genannten Profis stellte ihre eigenen Interessen über die des Teams, über die Loyalität zum Team und über die Loyalität zu dem Kampf, den die gesamte westliche Welt momentan führt.«

Wochen zuvor hatte sich der Berliner Tagesspiegel ähnlich geäußert: »Sind Angsthasen bessere Fußballer oder unfreiwillige - weil unbewusste - Terror-Kollaborateure?«, hieß es in einem Kommentar über die Weigerung neun österreichischer Profis, am WM-Qualifikationsspiel ihres Landes in Israel teilzunehmen. »Es geht um Verhältnismäßigkeit. Ein Begriff, der auch Fußballer nicht überfordern sollte.«

Vernunft in deutschen Medien? Nicht mit der Berliner Zeitung. Sie äußerte zum gleichen Fall »vollstes Verständnis« und sprang den Österreichern zur Seite. Die hatten später jedoch Glück: Das Spiel wurde offiziell abgesagt, da ein aus Israel kommendes Flugzeug auf dem Weg nach Russland abgeschossen worden war.

Nur haben die Österreicher wohl generell Probleme, nach Israel zu reisen. Liegt das an der 0:5-Niederlage bei der Qualifikation zur EM 2000? Oder haben sie vielleicht tiefer sitzende Ressentiments? Jedenfalls weigerte sich diesmal Trainer Otto Baric, nach Israel zu reisen. Da am Sabbat die Küche im Hotel geschlossen habe, bekämen seine Spieler keine ordentliche Vorbereitung auf das Spiel, meinte er. Als ob man samstags in Tel Aviv nirgendwo warm essen könnte. Dass sich beim zweiten Anlauf sogar 14 Fußballer weigerten, mitzufahren, ist da nur noch eine Randnotiz.

Hoffentlich können wenigstens die Kicker von Hapoel Tel Aviv dem FC Chelsea seine Strafe zufügen. Obwohl sie es diesmal sind, die sich außerhalb ihres Landes nicht sicher fühlen können. Denn israelische Mannschaften müssen seit Jahrzehnten mit Anschlägen oder Entführungen rechnen.