Regierungswechsel in Portugal

Neue Patrioten

Mit Tränen in den Augen kommentierte Pinto Portas, der Vorsitzende des rechtspopulistischen Partido Popular (PP/CDS), den Ausgang der Parlamentswahlen am vorletzten Sonntag. Dies sei »ein historischer Tag für Portugal«, sagte er mit erstickter Stimme. Zum ersten Mal seit zwanzig Jahren sei der Weg offen für eine konservative Mehrheit im Lande.

Und zum dritten Mal innerhalb von zwei Jahren gibt es nun - mit der FPÖ in Österreich und der Allianza Nazionale in Italien - eine rechtspopulistische Regierung in Europa. Die Kommunisten (CDU) erzielten hingegen mit knapp sieben Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit dem Ende der faschistischen Diktatur.

Die Volkspartei, die wie die meisten anderen Parteien des Landes erst nach der Nelkenrevolution von 1974 gegründet worden war, war schon Anfang der achtziger Jahre für kurze Zeit an einer Regierung mit dem PSD beteiligt. Damals machte das Bündnis soziale Errungenschaften der Revolution, wie etwa die Landreform, rückgängig. Wenig später rückte der PP noch weiter nach rechts. Mit Slogans wie »Portugal den Portugiesen« zog die Partei in die folgenden Wahlkämpfe.

Auch in den vergangenen Wochen war die schlichte Botschaft von Portas nicht zu überhören: Ein kräftiger Arm mit geballter Faust zierte die Plakate der Partei. Die Rechtspopulisten setzen sich unter anderem für ein Verbot der Abtreibung und eine härtere Flüchtlingspolitik ein und versprechen, die portugiesischen Interessen in der EU besser wahrzunehmen.

Und auch ihr künftiger Koalitionspartner sparte nicht mit kräftigen Parolen. Das Vaterland und die Familie seien seine wichtigsten Werte, verkündete José Manuel Durão Barroso, der Vorsitzende des PSD und künftige Ministerpräsident. »Mein Mann hat mich gelehrt, was Patriotismus ist«, zitierte die in Lissabon erscheinende Tageszeitung Público aus einer Wahlkampfrede seiner Ehefrau.

Die plötzliche Konjunktur von so idealistischen Werten wie Familie und Vaterland hat allerdings einen ausgesprochen materialistischen Hintergrund. Die neue Regierung übernimmt von ihren sozialistischen Vorgängern einen völlig desolaten Haushalt. Das Land ist, gemeinsam mit Deutschland, in der EU der Spitzenreiter bei der Staatsverschuldung, das Wirtschaftswachstum ist so niedrig wie sonst nirgends in der Union. Barroso verspricht nun einen rigiden Sparkurs, weniger Steuern für Unternehmer, die Privatisierung von Staatsbetrieben - kurz: das ganze Repertoire neoliberaler Ökonomen.

Doch der große Aufschwung wird vermutlich auch mit diesem Programm kaum zu erreichen sein. Im vergangenen Jahrzehnt hat Portugal von den umfangreichen EU-Subventionen und den nachholenden Konsumbedürfnissen seiner Bewohner, die ebenfalls zumeist mit der Kreditkarte finanziert wurden, profitiert. Der ehemaligen sozialistischen Regierung ist es mit der Konjunktur auf Pump immerhin noch gelungen, einige soziale Mindeststandards einzuführen. Nicht unerheblich für ein Land, das nach wie vor die größten Einkommensunterschiede, die höchste Kindersterblichkeitsrate und die niedrigste Lebenserwartung innerhalb der EU aufweist.

Mittlerweile sind die Kredite verbraucht, und von Brüssel ist auch nicht mehr viel zu erwarten. Im Zuge der geplanten Ost-Erweiterung werden die Zuwendungen drastisch gekürzt, zudem liegt Portugal nicht nur geografisch weit entfernt von den neuen Märkten im Osten.

Die Botschaft von Pinto und Barroso, dass es nichts mehr zu verteilen gibt, haben auch ihre Wähler verstanden. Wenn es knapp wird, dann sollen Flüchtlinge draußen bleiben und Frauen zurück an den Herd. Und für die künftigen Verteilungskämpfe in der EU wünschte sich die Mehrheit der Portugiesen eine Regierung, die ihre nationalen Interessen vertritt. Den starken Arm, den sie wollten, haben sie nun bekommen.