Ein Dokumentarfilm porträtiert Berliner Putzfrauen

Sauber gemacht

Der Schriftsteller Ronald M. Schernikau bot in den achtziger Jahren einer linken Zeitschrift die Interviewserie »Königinnen im Dreck« an, in der er Arbeiterinnen porträtieren wollte. Vielleicht fürchtete man sich vor zu viel Arbeiterromantik oder man wollte sich weiterhin ausschließlich der männlichen Arbeiterschaft zuwenden - die Serie ist jedenfalls nie erschienen.

Mit dem Film »Der Glanz von Berlin«, im Untertitel »Queens of Dust«, der gerade in Berliner Kinos anlief, wird den Heldinnen der Arbeit nun aber ein Denkmal gesetzt. Und welche typischen Arbeiterinnen fallen einem neben denen in den Fabriken ein? Selbstverständlich die, für die plötzlich zur Lohnarbeit wird, was sie sonst zu Hause unentgeltlich tun: Putzfrauen.

Obwohl der Film in Berlin bereits angelaufen war, fand, als hätte sein Verleih, die Edition Salzgeber, nicht mit dem Erfolg gerechnet, erst am vergangenen Freitag im Kino »International« die offizielle Premiere statt. Der Film ist nur für kurze Zeit und in wenigen Kinos zu sehen. Dokumentarfilme haben es schwer. Vielleicht kann das Kinopublikum mit Dokumentationen nichts anfangen.

Porträtiert werden Gisela, eine Berlinerin mit Schnauze, Delia, eine Malerin und Migrantin aus Argentinien, und Ingeborg, die gefallene Bürgerin, die alle putzen gehen müssen, um Geld zu verdienen. Dabei vermeidet der Film jeden Sozialkitsch. Er zeigt keine Putzfrauen, sondern Frauen, die wegen ihrer Lebensumstände Putzfrauen wurden.

Keine der Anti-Heldinnen distanziert sich von ihrem Job, keine identifiziert sich mit ihm. Die bodenständige Delia macht keinen Hehl daraus, dass sie den CDUler, dessen Hemden sie bügelt, nicht schätzt. Sie lässt seine ungelenken Annäherungsversuche vor der Kamera einfach abblitzen, und man ahnt, dass er in diesem Moment wohl zum ersten Mal mit ihr redete.

Doch die Reaktionen des Premierenpublikums zeigten, dass es lieber einen Slapstick über ArbeiterInnen und ihre Maloche à la »Ritas Welt« gesehen hätte. So wurde herzhaft gelacht, als Gisela von dem Job erzählte, bei dem sie ihren Mann Lothar kennenlernte: in der Schlachterei, wo sie die Därme ausspülte, die ihr zukünftiger Ehegatte zuvor Schweinen entnommen hatte. Und ebenso herzlich wurde gelacht, als Ingeborgs Verehrer ihr sein Herz ausschüttete, und sie ihm den Laufpass gab. Dabei konnte man gut verfolgen, wie sein Herz brach. Wahrscheinlich brach es angesichts des prustenden Gelächters des Publikums gleich noch einmal, denn wie es sich für Premieren gehört, waren die ProtagonistInnen des Films allesamt anwesend.

Als hätten die beiden Regisseurinnen, Judith Keil und Antje Kruska, geahnt, dass ihre Dokumentation über Putzfrauen von Teilen des Publikums als eine Art Jahrmarktsattraktion wahrgenommen werden würde, arbeiteten sie einer solchen Rezeption mit den Schnitten und der Auswahl der Szenen entgegen. Sie richteten sich nicht nach den Erwartungen des Publikums, sondern solidarisierten sich mit den Menschen, die dem Publikum lachhaft erschienen. Am Ende gab es tosenden Applaus, vielleicht auch, um die Beschämung wettzumachen, die im Zuschauerraum wegen des kindischen Gekichers aufgekommen war.