Khomeinis Nachlass

Am kommenden Samstag wollen Islamisten zum so genannten al-Quds-Tag in Berlin demonstrieren. Ein Kongress klärte über die Bedeutung dieses Tages auf. von jessica zeller

Welche Rolle spielt der Antisemitismus im Islamismus ? Wie kann man die politische Ideologie und die Bewegung des Islamismus bekämpfen, ohne in rassistische Stigmatisierungen zu verfallen? Es waren nicht zu wenige Fragen, mit denen sich der Kongress unter dem Titel »Feindbild Westen. Ideologie und Strategie des Islamismus am Beispiel des al-Quds-Tages« am vergangenen Sonntag im Berliner Hebbel-Theater auseinanderzusetzen suchte.

»Wir wollen den inhaltlichen Hintergrund liefern für eine Mobilisierung am kommenden Samstag gegen den al-Quds-Tag. Es soll darum gehen zu klären, für was dieses Datum steht, damit an der geplanten Demonstration möglichst viele Menschen teilnehmen«, erklärte der Pressesprecher David Kipp der Jungle World die Beweggründe der beiden Veranstaltergruppen, des Anstoß e.V und des Bündnisses gegen Antisemitismus.

Der so genannte al-Quds-Tag, übersetzt der Jerusalem-Tag, schien fast 25 Jahre lang kaum jemanden außerhalb der arabischen Welt zu interessieren. 1979 forderte der iranische Ayatollah Khomeini, dass am letzten Freitag des Fastenmonats Ramadan weltweit mit den Palästinensern Solidarität geübt und für die »Befreiung Jerusalems« demonstriert werden solle. Fortan wurde dieser Anlass zur offiziellen antisemitischen Hetze und zur Stärkung des diktatorischen Regimes im Iran selbst genutzt.

Nicht nur in Teheran, sondern überall gingen seither Menschen auf die Straße, um ihren Hass auf Israel und die Juden kundzutun. In Berlin regte sich erstmals im vergangenen Jahr Protest gegen das Spektakel, obwohl die Demonstrationen bereits seit 1995 in Deutschland stattfanden.

Fast 200 Menschen kamen am vergangenen Wochenende ins Hebbel-Theater. Der Hauptredner der Veranstaltung war der israelische Professor David Menashri, der über die Geschichte, die Hintergründe und die aktuelle Bedeutung des al-Quds-Tags informierte. Sein Fazit lautete: Während die islamische Republik sich in vielen anderen, vor allem wirtschaftlichen Bereichen »pragmatisch« den weltlichen Sachzwängen angepasst habe, bilde der Antisemitismus nach wie vor eine Konstante der offiziellen iranischen Politik.

Die nachfolgenden Redner setzten sich mit der Frage auseinander, inwieweit diese Haltung nicht nur für den Iran, sondern für den Islamismus an sich charakteristisch sei. Kontrovers diskutierte vor allem das Publikum, ob der islamistische Antisemitismus ein religiöses oder ein politisch-ideologisches Phänomen sei. Einen Höhepunkt der Veranstaltung bildete die Auseinandersetzung mit einem Vertreter der sozialdemokratischen Friedrich-Ebert-Stiftung, die zu den Finanziers des Kongresses zählte. Im Februar dieses Jahres hatte eine andere Abteilung der Stiftung zu einer Diskussionsveranstaltung in Beirut Vertreter der Hizbollah und anderer islamistischer Bewegungen eingeladen (Jungle World, 10/04). Hierfür wurde der Vertreter der Friedrich-Ebert-Stiftung, Johannes Kandel, vom Podium und vom Publikum heftig kritisiert.

Schließlich wurde die Möglichkeit politischer Interventionen gegen den Islamismus diskutiert, wie etwa die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus, die in Schulen und Jugendeinrichtungen des Stadtteils Jugendliche über antisemitische Stereotype aufklären will. Ob solche Gruppen mit migrantischem Hintergrund Teil der »breiten Vernetzung« werden, die sich die Veranstalter des Kongresses wünschen, ist noch offen. Fest steht, dass ihre Herangehensweise als Gegenkonzept zur Politik der Bundesregierung gelten kann, die sich bisher in Ignoranz gegenüber dem Thema übt oder in Deutschland lebende Islamisten wie den Kölner »Kalifen« Metin Kaplan einfach in ihre »Heimat« abschiebt.

Infos zum al-Quds-Tag und der geplanten Demonstration unter www.aktion-november.de