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Antifa Teenage Riot

Atari Teenage Riot. In diesen Tagen erscheint ein »Best Of« von ­Atari Teenage Riot, der immens einflussreichen Berliner Band, die den so genannten Digital Hardcore miterfunden hat. Es soll sich nach Auskunft der Plattenfirma jedoch nicht um ein schnödes Produkt zur Geldvermehrung handeln, sondern dank des auf der Platte enthaltenen Songs »Hetzjagd auf Nazis« um ein wieder notwendig gewordenes Statement zur Zeit. Angesichts »befreiter Zonen« und eines vermehrten Auftretens von Prügelfaschos solle man den Song nicht nur hören, sondern als Handlungsanleitung verstehen. (aha)

Kontrovers, umstritten, heiß diskutiert

Filme. Listen sind immer gut, laden zum Diskutieren und schnellen Vergessen ein. Jetzt gibt es wieder eine. Und zwar hat das Magazin Entertainment Weekly eine Liste der kontroversesten Filme der Kino­geschichte erstellt. Sieger sind jedoch nicht solche Schocker wie das Revenge-Movie »I spit on your grave«, der Kannibalenfilm »Cannibal Holocaust« oder vielleicht sogar »Der Untergang« geworden, sondern Mel Gibsons längst schon wieder vergessenes Jesus-Spektakel »The Passion Of The Christ«. Dieses sorgte vor allem deswegen für so viel Aufsehen, weil in ihm mehr Kunstblut verspritzt wird als in einem anständigen Splatterfilm. Auf Platz zwei landet Stanley Kubricks Film »Clockwork Orange«, der in England wegen der Darstellung hemmungsloser Jugendgewalt lange Zeit verboten war.

Weitere Filme, die in der Liste der 25 größten Aufreger aller Zeiten genannt werden, sind »JFK« von Oliver Stone, in dem nochmals ausgiebig spekuliert wird, warum die Einzeltäterthese beim Kennedy-Mord nicht haltbar sei, »Fahrenheit 9 /11« von Michael Moore, in dem George W. Bush zum größten Idioten des Jahrhunderts erklärt wird, der Pornoklassiker »Deep Throat« und noch ein Jesus-Film: Martin Scorseses »The Last Temptation Of Christ«, den die Kirche nicht so gut fand, weil Maria Magdalena und Jesus darin den Beischlaf vollziehen.

Auch immer noch in den Kinos laufende Filme wie »Da Vinci Code«, mit dem die katholische Kirche auch so ihre Probleme hat, und »Flug 93«, der erste große Film über den 11. September 2001, sind in die Liste aufgenommen worden. (aha)

Zurück in die Ferien

»Der Freund«. Schluss, aus vorbei, Der Freund, eine der bizarrsten Zeitschriften der vergangenen Jahre, ist Geschichte. Nach acht Ausgaben wird das im Springer-Verlag erschienene Blatt bereits wieder eingestellt. Angeblich waren auch nie mehr als acht Ausgaben des Magazins geplant.

Zwei Jahre lang gab es den Freund. Das Magazin kam ohne Werbung aus und wurde mit seltsamen Texten gefüllt, die teilweise von prominenten deutschen Popliteraten wie Benjamin von Stuckrad-Barre verfasst wurden. Ein schlüssiges Konzept war zu keinem Zeitpunkt zu erkennen. Wo Der Freund hin wollte, was er im Sinn hatte und wer ihn lesen sollte, blieb bis zum Schluss schleierhaft.

Herausgegeben wurde die Zeitschrift von zwei berühmten deutschen Popschnöseln, von Christian Kracht und Eckhart Nickel. Die Redaktionsadresse – und das war wohl der größte Knüller der Geschichte – war nicht einfach nur Hamburg oder Berlin, sondern ein Hotel in Kathmandu.

So wie sich das alles liest, so wollte auch der Springer-Verlag sein Engagement in einer völlig unnötigen Sache wohl verstanden wissen: als abseitigen Spaß. Springer, das war wohl die Botschaft, ist nicht nur am schnöden Rubel interessiert, sondern hat auch einfach Freude am schöngeistig Verschrobenen, das keinen Cent abwirft und nur gut fürs eigene Image ist. »Eperimentelles Kultur-Sponsoring« nennt das der Verlag. Womit man es nicht einmal belassen will. Schon hat man angeblich ein neues Projekt in Planung. (aha)

Latinfieber

Fania. Motown war in seinen goldenen Zeiten bekanntlich das Soullabel schlechthin, die Hitfabrik, in der unter strengen Reglements vor allem in den sechziger und siebziger Jahren schwarzer Soul für ein weißes Publikum zugänglich gemacht wurde. Motown gehört heute zu dem Bild von Amerika wie Hamburger und Arnold Schwarzenegger.

Anders als die Detroiter Plattenfirma ist das Label Fania Records aus New York, das oftmals »Latin Motown« genannt wurde, heute jenseits der Salsa-Szene kaum noch jemandem bekannt. Was auch daran liegt, dass Fania-Platten längst vergriffen sind und unverständ­licherweise bis heute nicht – höchstens in lieblosen Aufmachungen – wieder aufgelegt wurden. Dabei haben all die Superstars des Salsa auf Fania veröffentlicht: Rubén Blades, Eddie Palmieri, Mongo Santamaria, Ray Barretto, Bobby Valentin und viele andere.

Doch nun soll Fania wiederauferstehen. Die ersten 30 Platten des Katalogs wurden bereits wiederveröffentlicht, am Ende sollen es 300 Platten sein, die auf Fania in den sechziger und siebziger Jahren erschienen sind.

Einen richtigen Boom der Latin Music gibt es zwar derzeit nicht, doch sie erfreut sich inzwischen großer Beliebtheit, und vor allem Reggaeton, als eine Art urbaner Latin von heute, könnte für ein neues Intersse an den Ursprüngen dieser Musik sorgen. Und so werden sich Sammler bestimmt freudig auf Fania-Platten stürzen. Allein schon wegen der grell bunten, poppigen und trashigen Cover, diesen Zeugnissen einer anderen Zeit, lohnt sich die Wiederentdeckung des Labels. (aha)

Wo ist der böse Deutsche geblieben?

Wikipedia. Dass sich die Deutschen selbst großartig finden, ist schlimm genug. Dass die Deutschen pötzlich überall auf der Welt großartig gefunden werden, ist aber kaum zum Aushalten. Wenn die Deutschen etwas machen, dann richtig, heißt es jetzt wieder anerkennend. Auch als Internet-Autoren sollen sie klasse sein. Der deutsche Teil des Wis­sensportals Wikipedia habe die qualitativ besten Beiträge. Findet jedenfalls der Wikipedia-Gründer Jimmy Wales. Er sprach auf einer Kon­ferenz in Göttingen, auf der Akademiker als Autoren angeworben wurden. (her)