Streit unter Patrioten

Das Pentagon gibt dem EU-Konzern EADS einen Milliardenauftrag. von jörn schulz

Ein Tankflugzeug »gebaut von einer amerikanischen Firma mit amerikanischen Arbeitern« fordert Todd Hiart, ein republikanischer Kongressabgeordneter aus Kansas. Ein Tankflugzeug »hergestellt von Amerikanern in Amerika« wünscht sich Jo Bonner, ein republikanischer Kongress­abgeordnete aus Alabama. Dennoch sind sich die beiden Patrioten nicht einig.

In Kansas produziert Boeing, in Alabama dagegen Northtrop Grumman. Den Zuschlag des Pentagon für 179 Tankflugzeuge des Typs KC-45A erhielt Northrop Grumman. Für besondere Aufregung sorgte die Kooperation mit EADS, auf dessen Airbus 330 das Flugzeug basiert. Der Kontrakt bringt dem Konsortium in den kommenden 15 Jahren mindestens 35 Milliarden Dollar ein.

Das Modell des europäisch-amerikanischen Anbieters habe zahlreiche Vorzüge, begründete Sue Payton, die Verantwortliche für Ankäufe der Luftwaffe, die Auswahl. Doch die Vergabe eines Rüstungsauftrags in dieser Größenordnung ist immer eine politische Entscheidung, zumal es um ein strategisch bedeutendes System geht. Viele Einsätze werden erst durch die Betankung in der Luft möglich.

Gebaut wurde die derzeit eingesetzte Flotte von Boeing, der erste Produktionsvertrag wurde 1954 abgeschlossen. Auch dieser Kontrakt war umstritten. Die Methoden, mit denen Konzerne sich solche Aufträge verschafften, gehörten zu den Erfahrungen, die Präsident Dwight D. Eisenhower in seiner Abschiedsrede am 17. Januar 1961 zu der Warnung veranlassten: »Wir müssen uns schützen gegen den unvertretbaren Einfluss des militärisch-industriellen Komplexes.«

Es änderte sich jedoch nicht viel. Mitte der achtziger Jahre wurde bekannt, dass Boeing vom Pentagon 659 Dollar für einen Aschenbecher kassierte. Im Jahr 2004 musste Darleen Druyun, eine Vorgängering Paytons bei der Luftwaffe, ins Gefängnis, weil sie Boeing begünstigt hatte und dafür einen lukrativen Job im Unternehmen erhalten sollte. Wegen des Skandals genehmigte der Kongress die Beschaffung von Tankflugzeugen bei Boeing nicht.

Offenbar will das Pentagon Boeing und anderen Konzernen signalisieren, dass Appelle an den Patriotismus nicht mehr genügen, um überteuerte Produkte zu verkaufen. Es soll wohl auch die militärische Kooperation mit der EU ausgebaut werden, deren Politiker ständig die Restriktionen auf dem US-Rüstungsmarkt beklagt haben. Sie sind nun vielleicht zugänglicher für die Forderungen der USA, die Rüstungsausgaben zu erhöhen und sich stärker an Militäreinsätzen zu beteiligen.

Die Forderung nach höheren Militärausgaben ist in Europa so unpopulär, dass nur wenige Politiker sie öffentlich erheben mögen, obwohl die meisten dem Verfassungsentwurf zustimmten, der die EU verpflichtet, »ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern«. Das Zauberwort »Arbeitsplätze« hat da noch nicht den Stellenwert, den es derzeit im Streit zwischen Alabama und Kansas einnimmt. Den militärisch-industriellen Komplex in Europa zu stärken, noch dazu mit Geld aus den USA, könnte da Abhilfe schaffen.