Neuer Präsident im Libanon

Ein Veto für die Hizbollah

Die Präsidentenwahl im Libanon

Wenn ein Politiker bekundet, er möchte seinem Amt entsagen und sich fortan mehr um seine Kinder kümmern, will er zumeist entweder Zugeständnisse erpressen oder der Enthüllung eines Skandals zuvorkommen. Doch der libanesische Premierminister Fuad Siniora hatte wohl keine Hintergedanken, als er am Samstag sagte: »Ich habe genug.«
Denn es macht keinen Spaß zu regieren, wenn man sich zwischen Stacheldrahtverhauen des Militärs zu seinem Amtssitz durchschlängeln muss, weil oppositionelle Demonstranten das Regierungsviertel belagern. Man fühlt sich als Premierminister wohl ein wenig hilflos, wenn kein Gesetz verabschiedet werden kann, weil der Parlamentssprecher die Abgeordneten nicht zusammenrufen mag. Wirklich unerfreulich wird der Job, wenn bewaffnete Oppositionelle die Hauptstadt besetzen und die Armee nicht eingreift.
Doch diese Zeiten sollen vorbei sein. Die von der Hizbollah geführte Opposition räumte ihre Protestcamps in Beirut, das Parlament trat zusammen, um den General Michel Suleiman zum Präsidenten zu wählen, und Waffen dürfen in innenpolitischen Konflikten nun nicht mehr benutzt werden. Das vereinbarten die libanesischen Politiker am Mittwoch der vergangenen Woche in Doha. Der Hizbollah wurde zugestanden, was sie seit dem Beginn der Krise vor 18 Monaten fordert: eine Sperrminorität im Kabinett. In der künftigen Regierung stellen die schiitischen Islamisten und ihre Verbündeten elf Minister, die Regierungskoalition erhält 16 Posten, weitere drei Minister ernennt Suleiman. Dem Präsidenten obliegt nun die Aufgabe, die Kabinettsmitglieder, deren Anhänger sich noch vor wenigen Wochen beschossen, zu einer Regierung der »nationalen Einheit« anzuhalten.
Es ist immer ein schlechtes Zeichen, wenn ein General als letzter Garant der Stabilität gilt. Als Oberkommandierender des Militärs lavierte Suleiman geschickt genug, um die Akzeptanz beider Seiten zu gewinnen. Seine Popularität verdankt er nicht zuletzt dem erfolgreichen Kampf der Armee gegen Jihadisten im palästinensischen Flücht­lingslager Nahr al-Bared. Gegen die Waffenlieferungen für die Hizbollah und deren Aktivitäten hingegen unternahm er nichts.
Nur »auf unsere Feinde« sollten Libanesen fortan ihre Waffen richten, sagte Suleiman in seiner Antrittsrede, neben Israel waren damit wohl auch Palästinenser gemeint, die sich in das oli­gar­chische System nicht einfügen. Die Hizbollah hingegen wird durch den Deal von Doha gestärkt. Anfang Mai bewies sie, dass sie mit Waffengewalt erfolgreich ihr Veto gegen jede Regierungsentscheidung einlegen kann (Jungle World 20/08). Diese Machtverhältnisse wurden nun legalisiert.
Dass die zerstrittenen Politiker sich ihren Schiedsrichter aus den Reihen der Offiziere wählen und die Parlamentarier brav das neue Arrangement abnicken, dürfte die autoritären Strukturen weiter festigen. Die Hoffnungen auf Demokratisierung, die mit der Bewegung gegen die syrische Vorherrschaft im Frühjahr 2005 verbunden waren, wurden enttäuscht. Nun wird Suleiman von vielen Libanesen wie ein Erlöser gefeiert. Doch spätestens nach den nächsten Wahlen wird die Oli­garchie ein neues Abkommen aushandeln müssen.