Mit Pumpkin-Spice-Latte gegen die Hamas

Homestory #45/23

Von der großen US-amerikanischen Kaffeekette bis zur kleinen Neuköllner Programmschänke: Weltweit sind gastronomische Betriebe von Angriffen und »Boykottaktionen« betroffen.
Homestory Von

»Berlin: Judenhasser stürmen israelisches Café«, titelte die Bild-Zeitung am vergangenen Samstag. Auch die Berliner Zeitung schrieb einige Stunden später: »Israel-Hasser überfallen Bar in Emser Straße«. Die B.Z. berichtete von drei männlichen Angreifern, von Anzeigen wegen Körperverletzung und einer Polizeihundertschaft im Einsatz.

Klar wurde, dass es sich bei dem in Berlin-Neukölln angegriffenen Lokal nur um das »Bajszel« handeln kann, die Programmschänke, in der die Jungle World jeden ersten Freitag im Monat ihre »Jungle Bar« veranstaltet und wo in der Regel auch an anderen Abenden so manche Mitarbeiter ihrer Lieblingszeitung anzutreffen sind.

Die Behauptung, es handele sich um ein »israelisches Café«, das angegriffen wurde, war irreführend und wurde sehr viel später von Bild Online in »pro-israelisches Café«, noch später in »Café in Berlin« korrigiert. Noch am Freitagabend erhielt eine Redakteurin eine besorgte Nachricht von einer durch die leicht reißerische Berichterstattung aufgeschreckten Freundin aus Hamburg: »Was ist denn im Bajszel passiert? Geht es euch gut?«

»Alle sind wohlauf und wir danken vielmals für die uns entgegengebrachte Solidarität«, schreibt das »Bajszel« in einer Stellungnahme am Folgetag. Die Presseberichterstattung zu den Vorfällen bezeichnen die Betreiber allerdings als verzerrt.

Der Aufruf, »Starbucks« zu boykottieren, wurde in den sozialen Medien mehr als zwei Millionen Mal geteilt und Pumpkin-Spice-Latte avancierte daraufhin zum neuen antideutschen Trendgetränk.

Tatsächlich war am fraglichen Abend eine dreiköpfige Gruppe in der Bar, aus der heraus eine Frau beim Verlassen des »Bajszel« eines jener Plakate herunterriss, die derzeit auf die von der Hamas entführten Geiseln aufmerksam machen; zudem äußerte sie sich antisemitisch. »Wir riefen die Polizei, um den Vorfall zu dokumentieren«, heißt es in der Stellungnahme vom »Bajszel«. »Denn er zeigt die Normalität des Alltagsantisemitismus, der absolut schamlos und selbstbewusst auftritt.«

Weltweit sind gastronomische Betriebe von Angriffen und »Boykottaktionen« betroffen. So drangen Teilnehmer der antiisraelischen Demonstration in Berlin vergangenen Samstag in eine »Starbucks«-Filiale ein und bedrängten die Gäste. Das Unternehmen hatte sich die Wut der Israel-Feinde zugezogen, als es die Terrorattacke der Hamas verurteilte; zudem ist der Gründer der »Starbucks«-Kette, Howard Schultz, jüdisch.

Der Aufruf, »Starbucks« zu boykottieren, wurde in den sozialen Medien mehr als zwei Millionen Mal geteilt und Pumpkin-Spice-Latte avancierte daraufhin zum neuen antideutschen Trendgetränk. Das wurde gleich im Selbsttest ausprobiert und erstaunt festgestellt, dass dieses Kaffeegetränk nicht nach Kürbis schmeckt, wie der Name nahelegt, sondern winterlich nach Zimt und Kardamom, also nach einer Gewürzmischung, die speziell für die Zubereitung von Kürbis vertrieben wird. Lecker!

Was die Redaktion von derartigen Boykottaufrufen hält, ist zwar bekannt, wird aber in unserer derzeitigen Kampagne noch mal in aller Deutlichkeit gesagt.