Die autoritären Entwicklungen in westafrikanischen Staaten

Autoritärer Trend

Verschiebung der Präsidentschaftswahl im Senegal, »Verschwindenlassen« Oppositioneller in Burkina Faso, angekündigtes Parteiverbot in Mali: Die Regierungen in Westafrika gehen innenpolitisch immer härter vor.

Paris. Um funktionierende demokratische Strukturen ist es in Westafrika im Allgemeinen schlecht bestellt. Die drei Staaten der im September vorigen Jahres gegründeten Allianz der Staaten des Sahel (AES), die Mali, Burkina Faso und Niger umfasst, gehen da mit schlechtem Beispiel voran. Alle drei Länder werden seit 2020, 2022 respektive 2023 von Militärregierungen geführt, das Ende der jeweils angekündigten mehrjährigen Transition oder »Übergangsphase zur Demokratie« lässt auf sich warten. Die Juntas wenden sich außenpolitisch vom früheren Hauptbündnispartner, der vormaligen Kolonialmacht Frankreich, ab und streben nach Bündnissen mit der Russischen Föderation.

Am vorvergangenen Sonntag verkündeten die drei AES-Mitgliedstaaten gemeinsam ihren Austritt aus der westafrikanischen Wirtschaftsorganisation Ecowas, was diese faktisch spaltet. Investoren fürchten nun um den Bestand des länderübergreifenden westafrikanischen Binnenmarkts, und rund 2,5 Millionen überwiegend aus Mali und Burkina Faso stammende Migranten im reicheren Nachbarland Côte d’Ivoire könnten nun in eine prekärere Lage als zuvor kommen. Im Jahr 2007 war die Erfordernis für Angehörige der Ecowas-Länder, in einem der anderen Mitgliedstaaten über einen Aufenthaltstitel zu verfügen, ersatzlos abgeschafft worden – diese Regelung entfällt jetzt für die Bürger der ausgetretenen Staaten.

Aber bei bisherigen Stützen des französischen Einflusses in der Region sieht es in Sachen Demokratisierung nicht besser aus. Am Samstag verkündete der seit 2012 amtierende Staatspräsident des Senegal, Macky Sall, die Verschiebung der für den 25. Februar angesetzten Präsidentschaftswahl, zunächst ohne einen Ersatztermin zu nennen. So etwas hat es in der Geschichte des 1960 von Frankreich unabhängig gewordenen westafrikanischen Staats noch nicht gegeben. Bislang haben im Senegal auch keine Militärputsche stattgefunden.

Macky Sall selbst wollte nicht erneut kandidieren, sondern respektierte zunächst die verfassungsrechtliche Begrenzung auf zwei Amtszeiten. An seiner Stelle sollte Premierminister Amadou Ba in die Wahl ziehen und diese gewinnen. Dessen Wahlkampf verlief jedoch bei weitem nicht so gut wie gewünscht. Hauptsächlich daraus und aus der Befürchtung eines Machtverlusts der Regierungspartei Allianz für die Republik (APR) resultiert die Entscheidung zur Verschiebung der Präsidentschaftswahl. Formal stützt diese sich darauf, dass der Präsidentschaftskandidat Karim Wade – Sohn von Salls Amtsvorgänger Abdoulaye Wade – wegen seiner französisch-senegalesischen Doppelstaatsangehörigkeit von der Wahl ausgeschlossen, hingegen eine andere Kandidatin mit doppelter Staatsbürgerschaft zugelassen wurde; das Regierungslager warf zwei Verfassungsrichtern in diesem Zusammenhang Bestechlichkeit vor.

Am Sonntag kam es zu ersten Protesten, die unter Tränengaseinsatz aufgelöst wurden, während die Oppositionspolitikerin und frühere Premierministerin Aminata Touré festgenommen wurde. Auch am Montag gingen die Proteste und auch der Tränengaseinsatz weiter, das Internet war blockiert und die Benutzung von Motorrollern wurde »aus Sicherheitsgründen« eingeschränkt. Gerüchte machten die Runde, dass Sall sein Mandat per Dekret um zwei Jahre verlängern wolle. Am Abend stimmte das Parlament in Dakar für den 15. Dezember als neuen Wahltermin. Gendarmen nahmen protestierende Abgeordnete in den Räumlichkeiten des Parlaments fest.

Sonko liegt außenpolitisch nicht auf einer Linie mit den Militärregierungen der AES, obwohl auch er für ein Abrücken von Frankreich eintritt. Er strebt allerdings eher eine Annäherung an Katar an, das wiederum enge Beziehungen zur Türkei und zum Iran pflegt.

Die Regierung im Senegal und die AES-Staaten nehmen, was die Ausrichtung an auswärtigen Mächten und die Bündnispolitik betrifft, konträre Positionen ein. Der infolge einer Sexaffäre inhaftierte senegalesische Oppositionspolitiker Ousmane Sonko wurde aus formalen Gründen von der Wahlliste gestrichen. Er vertritt beispielsweise in Sachen Strafverfolgung von Homosexualität reaktionäre Positionen, genießt aber vor allem wegen seiner sozialen und wirtschaftlichen Versprechungen Popularität. Sonko liegt außenpolitisch nicht auf einer Linie mit den Militärregierungen der AES, obwohl auch er für ein Abrücken von Frankreich eintritt. Er strebt allerdings eher eine Annäherung an Katar an, das wiederum enge Beziehungen zur Türkei und zum Iran pflegt.

Vorige Woche setzte sich Sonko aus der Haft heraus für seinen Anwalt burkinischer Nationalität, Guy-Hervé Kam, ein und schrieb dazu einen Brief an den jungen Interimspräsidenten von Burkina Faso, den Offizier Ibrahim Traoré. Kam war in der Nacht vom 24. zum 25. Januar auf dem Flughafen von Ouagadougou von Personen in Zivil aufgegriffen worden. Er wird seitdem an einem geheim gehaltenen Ort festgehalten.

Es handelt sich nicht um den einzigen Fall von »Verschwindenlassen« in Burkina Faso, vielmehr beklagen mehrere Organisationen bis hin zum Gewerkschaftsbund CGT-B in jüngster Zeit verschwundene Mitglieder. Der Rechtsanwalt Kam gehörte der Vereinigung Balai citoyen (ungefähr: Bürgerrechtsbesen) an, die beim Sturz des Autokraten Blaise Compaoré im Oktober 2014 eine wichtige Rolle gespielt hatte.

Auch in Mali geht es repressiver zu. Dort kündigte die Übergangsregierung im Januar an, die aus marxistisch-leninistischer Tradition kommende Partei Sadi (Afrikanische Solidarität für Entwicklung und Unabhängigkeit) unter Oumar Mariko zu verbieten.