Dem Mittleren Westen der USA steht eine Zikadenplage bevor

Safety in Numbers

Wer im Mittleren Westen der USA lebt, darf sich in den kommenden Wochen auf gleich zwei Naturschauspiele einstellen: Da wäre zum einen eine totale Sonnenfinsternis, zum anderen das gleichzeitige Massenschlüpfen von Zikaden.
Laborbericht Von

Wer im Mittleren Westen der USA lebt, darf sich in den kommenden Wochen auf gleich zwei Naturschauspiele einstellen: Da wäre zum einen die totale Sonnenfinsternis, die am 8. April unter anderem in Arkansas, Missouri, Illinois, Kentucky und Indiana zu beobachten sein wird. Nicht so sehr den Atem als vielmehr die Nerven rauben dürfte einige Wochen darauf in denselben Bundesstaaten plus ein paar weiteren ein noch selteneres Ereignis: das gleichzeitige Massenschlüpfen von zwei Bruten sogenannter periodischer Zikaden.

Von diesen Insekten der Gattung Magicicada gibt es in Nordamerika insgesamt sieben Spezies, die einen bemerkenswerten Lebenszyklus aufweisen: Sie verbringen je nach Art die ersten 13 beziehungsweise 17 Jahre ihres Lebens als Larven unter der Erde, um sich dann gleichzeitig nach oben zu buddeln und der Fortpflanzung zu widmen. Verschiedene Populationen tun das zeitlich und räumlich versetzt; sie werden jeweils als Bruten bezeichnet und mit römischen Ziffern durchgezählt.

Der schnarrende Balzruf der Männchen kann ohrenbetäubende 90 Dezibel erreichen, die Tiere scheiden eine klebrig-zuckrige Flüssigkeit aus, die vor ­allem für Autobesitzer:innen ein Ärgernis darstellt, und dann ist da schlicht die an biblische Plagen gemahnende Masse an Insekten, die selbst die hungrigsten Insektivoren nicht vertilgen können.

In diesem Jahr sind gleichzeitig die Bruten XIII (die verwirrenderweise  alle 17 Jahre schlüpft) und XIX (mit einem 13-Jahre-Zyklus) an der Reihe. Das kommt aufgrund der krummen Zahlen nur alle 221 Jahre vor, zuletzt also zu der Zeit, als die noch jungen USA den Franzosen Louisiana abkauften. Wie viele Zikaden ab Ende April zum Vorschein kommen werden, lasse sich nur schwer schätzen, schreibt die University of Connecticut, rechnet aber mit Billionen von In­sekten.

Die sind weder giftig noch sonstwie gefährlich für Menschen, dürften den Bewohner:innen ihres Verbreitungsgebiets aber eine anstrengende Zeit bescheren: Der schnarrende Balzruf der Männchen kann ohrenbetäubende 90 Dezibel erreichen, die Tiere scheiden eine klebrig-zuckrige Flüssigkeit aus, die vor ­allem für Autobesitzer:innen ein Ärgernis darstellt, und dann ist da schlicht die an biblische Plagen gemahnende Masse an Insekten, die selbst die hungrigsten Insektivoren nicht vertilgen können. So ist garantiert, dass genug Zikaden übrigbleiben, um für den nächsten Vermehrungszyklus zu sorgen.

Populationsdynamik gilt auch als Grund dafür, dass die Tiere ein Faible für die Primzahlen 13 und 17 haben: Vögel, Schlupfwespen und Co. finden sich zwar für eine Saison im Schlaraffenland wieder und pflanzen sich eifrig fort, die nächsten Generationen aber gehen leer aus und die »unrunde« Arithmetik der Zikaden sorgt dafür, dass sich Fressfeinde und Parasiten mit ihren eigenen Vermehrungszyklen nur schwer daran anpassen können.

Die gute Nachricht für alle, die in den betreffenden Regionen leben und sich nicht für Insektenmathematik begeistern können: Nach dem Schlüpfen leben die Tiere nur wenige Wochen, dann kann das große Auffegen beginnen. Und bis zum nächsten Zusammentreffen von Brut XIII und XIX dauert es dann wieder 221 Jahre. Bis dahin wird selbst ein Donald Trump nur noch ferne Geschichte sein.