Samstag, 06.11.2021 / 18:33 Uhr

'Der arabische Frühling ist nicht tot'

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Aus dem Netz

Aus einem Artikel von Khalil al-Anani, der in Middle East Eye erschienen ist und für Freiheitsliebe.org übersetzt wurde: 

Die Sponsoren der Konterrevolution – allen voran die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Saudi-Arabien – haben enorme Summen ausgegeben, um den Arabischen Frühling zu stoppen und sicherzustellen, dass die Proteste sie nicht erreichen und von ihren Thronen stürzen. Heute sind sie in Bürgerkriege im Jemen und in Libyen verwickelt und finanzieren Söldner und Warlords wie General Khalifa Haftar in Ägypten. Ihr internationales Ansehen hat angesichts der Tötung von Kindern und Zivilisten im Jemen einen neuen Tiefpunkt erreicht.

Die Grausamkeit der Konterrevolution selbst ist vielleicht der wichtigste Beweis für den Erfolg des Arabischen Frühlings in der Erreichung seiner Ziele, von denen das wichtigste darin bestand, die Kosten der Tyrannei zu erhöhen. Die VAE, Ägypten und Saudi-Arabien versuchen um jeden Preis zu verhindern, dass sich arabische Revolutionen und Aufstände wiederholen.

Die Wirtschaftshilfe, die Sisi von Abu Dhabi und Riad erhalten hat, beläuft sich Berichten zufolge auf über 60 Milliarden Dollar, ganz zu schweigen von den Waffengeschäften, die mit Frankreich, Italien, Russland und den USA abgeschlossen wurden. Auch politisch wurde Sisi von Lobbygruppen unterstützt, um sein Image in Washington zu verbessern. Der emiratische Botschafter in Washington, Yousef Al Otaiba, spielte eine entscheidende Rolle bei der Vermarktung des ägyptischen Staatsstreichs von 2013 bei der US-Regierung.

Eine weitere Welle von Aufständen

Die Erfahrungen des Arabischen Frühlings haben gezeigt, dass die Struktur der arabischen Despotie trotz der Macht der Sicherheits- und Nachrichtendienste – und ihres Einsatzes aller erdenklichen Foltermethoden, des Mordes und der Verletzung der Menschenrechte zum Zwecke der Einschüchterung – brüchig werden kann.

Wer hätte sich vorstellen können, dass das Mubarak-Regime, das 30 Jahre lang bestand, innerhalb von 18 Tagen stürzen würde? Wer hätte gedacht, dass Libyens Gaddafi wenige Monate nach Beginn der Revolution versteckt in einem Loch gefunden werden würde, oder dass Jemens Saleh das gleiche Schicksal ereilen würde, der nach drei Jahrzehnten Herrschaft auf abscheuliche Weise getötet wurde?

Vielleicht ist es eine Ironie des Schicksals, dass trotz der anhaltenden Versuche konterrevolutionärer Kräfte, den Arabischen Frühling zu ersticken, die Hoffnung auf Demokratie immer noch lebendig ist. Laut dem Arab Opinion Index 2019–2020, der größten jährlichen Umfrage in der arabischen Welt, die vom Arab Centre for Research and Policy Studies durchgeführt wird, glauben etwa 74 Prozent der Araber, dass die Demokratie das geeignetste Regierungssystem für ihre Heimatländer ist.

Darüber hinaus hat die arabische Region in den letzten zwei Jahren eine weitere Welle von Aufständen und Revolutionen erlebt, unter anderem im Sudan, Algerien, Irak und Libanon. Scharen von Demonstrierenden sind auf die Straße gegangen, um wirtschaftliche, soziale und politische Veränderungen zu fordern.