Basketball-Bundesliga wird hip

Neue Märkte in alten Körben

Die bisherige Randsportart Basketball soll von Sponsoren aufgepeppt werden. Um ins Fernsehen zu kommen, ändert man sogar die Regeln.

Die Sportart Basketball schien auf ewig in eine Turnhalle eingezwängt zu sein, wo man eher kahle Sprossenwände im Blick hat als die Fernsehkameras live übertragender Sender. Die Mannschaften trugen so aufregende Namen wie Männerturnverein Gießen oder Schwimm- und Sportverein Ulm.

Cheerleader sorgten auf dem Parkett künstlich für Stimmung, die Zuschauer zogen stets artig mit. Notfalls beklatschten sie halt auch des Gegners Team, wenn sich die eigenen Korbleger mal wieder wie schreckhafte Kinder beim Völkerball anstellten. Man war ja unter sich. Die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender, die sich die Lizenz zur Übertragung gesichert hatten - warum eigentlich? -, schoben Basketball in die dritten Programme ab, wo Spielausschnitte meist nur im Nachrichtenblock der Sportsendungen gezeigt wurden.

Und das soll plötzlich auf einen Schlag alles anders werden? »Für den deutschen Basketball beginnt eine neue Ära«, verkündete zu Beginn der neuen Bundesligasaison ein illustrer Verbund von Sponsoren, Marketingexperten und Merchandisingfirmen. Der fränkische Bekleidungshersteller S. Oliver pappte der verstaubten Basketball-Bundesliga das Etikett »S. Oliver BBL« auf. Hinzu gesellten sich die Deutsche Bahn AG sowie die Direkt Anlage Bank AG als »starke Partner bei der Entwicklung des deutschen Basketballs zum Spitzensport«.

Die adäquate Medienpräsenz übernahm die KirchMedia AG. Das Deutsche Sport-Fernsehen (DSF) überträgt nunmehr sonnabends das Top-Spiel der Woche, Sat.1 übernimmt die Vor- und Nachschau. Sogar im Internet ist die BBL-Korbjagd zu bewundern: Sport1 (www.sport1.de) überträgt live und will mit Chats und Foren neue Maßstäbe setzen.

Turnvater Jahn ist out, die New Economy in. Und deswegen dürfen auch die Mannschaften nicht mehr Männerturnverein heißen, sondern z.B. Skyliners. Eintracht Braunschweig geht als met@box Braunschweig an den Start. Otto Reintjes, frisch gekürter Generalmanager der S. Oliver BBL, versucht erst gar nicht, sportliche Gründe für die Basketball-Neuzeit vorzutäuschen.

Es geht, wie beim Fußball und anderen mediengerecht aufgemotzten Disziplinen, um viel Geld. Das glauben S. Oliver & Co. im deutschen Basketball verdienen zu können. »Basketball ist als Sportart geeignet, einen Lifestyle zu schaffen, der moderne Lebensbereiche wie Sport, Mode, Musik und Kommunikation kreativ verbinden kann«, philosophiert Reintjes, der bislang Manager des eher biederen Werksteams von Bayer Leverkusen gewesen war.

Sport und Mode gleich Modesport. Es ist schon erstaunlich, dass das involvierte Firmenkonsortium erst jetzt auf diese lukrativen Idee kommt. Eine ähnliche Masche benutzte bereits Anfang der neunziger Jahre der Sportartikel-Hersteller adidas, um sein damals reichlich ausgelatschtes Image aufzupeppen. »Im Sport wie in der Mode«, sagt Heinz Ramseier, Marketingchef von S. Oliver, »geht es um die Schaffung von Welten und eines zeitgemäßen zielgruppenadäquaten Images. Sport und Entertainment sind symbiotisch. Die S. Oliver BBL wird modernes Sporttainment bieten. Wir werden Basketball zum Breitensport formen. Daran haben wir nicht den geringsten Zweifel.«

Zweifel sind tatsächlich fehl am Platz, wenn man die heranwachsende Generation betrachtet. Bei Teenagern, einer wegen ihrer Kaufkraft heiß umworbenen Kundenschicht, steht nicht der Fußball an erster Stelle der beliebtesten Sportarten, sondern Basketball. Und mit der neuen Bundesliga-Konstruktion soll der bisherige Turnhallen-Sport in die Top drei der deutschen Sporthitparade gepusht werden.

Wie es heißt, bereitet S. Oliver bereits die Produktion einer speziellen Fanartikel-Kollektion für Anhänger der BBL vor. Das Unternehmen aus Franken erwartet in diesem Jahr einen Markenumsatz von 1,1 Milliarden Mark und ist bekannt dafür, dass es wegen seines monatlich wechselnden Angebots flexibel genug ist, sich kurzfristig auf eine sich ändernde Nachfrage einzurichten.

Die Kirch-Gruppe soll mediale Beihilfe leisten. »Unser Ziel ist es, die Faszination Basketball einem breiten Publikum zu vermitteln«, erklärt Sat.1-Mann Philipp Geiss, Programmdirektor für den Sport. Und in der Tat muss man schon ziemlich breit sein, um die Darbietungen überhaupt akzeptieren zu können. Nüchterne Fußballfans hätten es wohl kaum geduldet, dass der Privatsender mit seinem einlullenden Format »ran« deutsche Durchschnittskicker zu wahren Fußball-Stars hochstilisiert.

Droht nun auch dem hiesigen Basketball - der im europäischen Vergleich alles andere als erstklassig ist - eine unglaubliche Qualitätssteigerung, ein sagenhaftes Überangebot von wunderbaren Top-Leuten, eine unerklärliche Vielzahl an Fabelwürfen und irren Typen? Für die beteiligten Klubs ist es zum Nachdenken zu spät. Sie sind den Deal eingegangen, was man ihnen kaum zum Vorwurf machen kann. »Wir haben lange auf eine solche Chance gewartet«, meint Marco Baldi, Vizepräsident des amtierenden Deutschen Meisters Alba Berlin.

Jahrelang hoffte der Klub, der von einer Müllfirma gesponsert wird, auf Resonanz in den Medien. Selbst Erfolge der Berliner in der europäischen Champions League wurden häufig nur am Rande vermerkt. Jetzt dürfte sich die Aufbauarbeit wenigstens in finanzieller Hinsicht lohnen. Zehn Millionen Mark betrug der Etat von Alba vor der Basketball-Neuzeit, wobei zuletzt Gerüchte über finanzielle Engpässe des Klubs kursierten. Dank S. Oliver und Partnern dürfte sich das ändern.

Die Regeländerungen auf dem Spielfeld werden hingegen von den Fans leicht zu verkraften sein. Nach 24 Sekunden (statt bisher 30) muss die angreifende Mannschaft den Ball auf des Gegners Korb abgeworfen haben. Und dass die 40-minütige Spielzeit nun - die Werbewelt fordert eben ihren Tribut - nicht mehr in zwei Hälften, sondern in vier mal zehn Minuten geteilt wird, sollte wenigstens den konditionsschwachen Athleten entgegenkommen. So sind alle Beteiligten bedient.