Alternative Lebensformen

Der Schlosskampf

Für Eberhard Diepgen und seine Buben ist es der Entscheidungskampf. Der Kampf um eine frisch eingesetzte Expertenkommission. Diese soll beraten, was auf dem Schlossplatz in Mitte gebaut werden soll. Schloss oder nicht Schloss, das ist hier die Frage. Aber dass das überhaupt noch eine Frage sein soll, ist Diepgen bereits zu viel. Denn der Regierende Bürgermeister hat schon vor langem verkündet, er favorisiere das Schloss. Erster Punkt für Diepgen: Nach dem als Sanierung getarnten Teilabriss verlangt kaum noch jemand die Erhaltung des Palastes der Republik.

Jetzt tagen sie - die Experten. Diepgen wäre nicht der preußische Provinzfürst, als der er sich gerne gibt, würde er Intellektuellen nicht misstrauen. Also gab es bereits bei der Einsetzung der Kommission Uneinigkeit. Während der Bundesminister für Bau und Verkehr ins Haus der Bundespressekonferenz lud, um die Experten zu präsentieren, bestellte Diepgen die Herren ins Rote Rathaus.

Noch ein Punkt für Diepgen: Weil der Bürgermeister es fertig gebracht hätte, die Reinhard-Klimmt-Veranstaltung zu boykottieren, wurden die Beratungen der Kommission schließlich im Roten Rathaus eröffnet. Eigentlich gehört der Schlossplatz ja dem Bund und dem Land Berlin gemeinsam. Diepgen aber gab sich auf der Pressekonferenz als Alleinherrscher über sein Stadtgebiet. Er rief »leise, aber deutlich, vorsorglich den Wiederaufbau des Stadtschlosses aus« (Tagesspiegel).

Also will er auch nicht auf den Rat der Expertenkommission warten. Den soll es nämlich erst Ende nächsten Jahres geben. Man sei sowieso nicht an die Empfehlung der Kommission gebunden, so Diepgen. Und der Bund habe auch nichts zu melden, wenn es um die Bebauung des Platzes geht. Natürlich wieder ein Punkt für Diepgen.

Aber das reicht noch lange nicht für einen Punktsieg. Offenbar hat jemand dem Bürgermeister und Justizsenator Diepgen gesteckt, dass der Bund eigentlich doch mitreden darf. Seither vergeht kaum ein Tag, an dem nicht zu vernehmen ist, Berlin werde die Kommission nicht anerkennen. Zwar haben sich nur wenige der 23 Experten bisher gegen das Schloss ausgesprochen, aber die CDU vermutet eine Verschwörung. Unterstützt vom kulturpolitischen Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion: Norbert Lammert beklagt, es seien zu viele Schlossgegner in der Kommission. Punkt. Aber für wen?

Der weitere Verlauf des Kampfes lässt sich leicht vorhersagen. Die Kommission wird im Dezember 2001 die Rekonstruktion des Schlosses ablehnen. Berlin lässt daraufhin Geld aus der Bundesschatzkammer entwenden und finanziert damit doch den Wiederaufbau. Der Bund lässt die Baumaschinen pfänden. Diepgen und die Seinen besetzen daher den Reichstag. Dann verkündet der Kleinfürst die Unabhängigkeit Berlins. Der Iran, Bayern und das Kosovo erkennen die Souveränität Berlins an. Ein Bürgerkrieg folgt. Und am Ende? Ein Sieg durch K.O.?