Neue Komplikationen bei der Topographie des Terrors

Pleite der Erinnerung

Überraschend kam sie, die Insolvenz des Bauunternehmens Engel & Leonhardt, das mit dem Rohbau des Dokumentationszentrums »Topographie des Terrors« beauftragt ist. Das Familienunternehmen bezeichnete sich, peinlich bis makaber, in einer Presseerklärung als »vorerst letztes Opfer der Topographie des Terrors« und gab Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) die Schuld an der Pleite.

Dabei hatte bis vor kurzem alles noch so gut ausgesehen. Nach zwei Jahren Baustopp sollten die Rohbauarbeiten in diesen Wochen endlich wieder aufgenommen werden. Das lange Ringen um den Bau und seine Finanzierung schien damit ein Ende gefunden zu haben. Die beteiligten Parteien - ein äußerst anspruchsvoller Architekt, eine überfordertes Bauunternehmen und ein von Geldnot geplagter Senat- hatten sich gegenseitig Starallüren, Misswirtschaft und die Verantwortung für die stetig steigenden Kosten vorgeworfen.

Das Hauptproblem war die einzigartige, höchst komplizierte Kostruktionsweise des Rohbaus, der aus 2 500 schmalen Betonstelen bestehen soll. Schließlich einigten sich der Architekt Peter Zumthor, Engel & Leonhardt, das Land und der Bund auf die Art und Weise, wie der Rohbau zu bewerkstelligen und welcher Kostenrahmen unbedingt einzuhalten sei. 38 Millionen Euro wurden definitiv als Obergrenze festgesetzt, die zur Hälfte das Land Berlin, zur anderen Hälfte der Bund tragen sollte.

Jetzt aber heißt es abzuwarten, zu welchem Ergebnis der Insolvenzverwalter kommen wird. Möglicherweise muss der Auftrag für die noch zu erbringenden Leistungen am Rohbau neu ausgeschrieben werden. Die Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Petra Reetz, erklärte, man bereite sich auf den »Tag X« und eine Ausschreibung vor. Schließlich sei Engel & Leonhardt »vertragsbrüchig« geworden. Die Unterstellung, die Zeitverzögerung habe das Unternehmen in den Ruin getrieben, weist sie von sich: »Das ist überhaupt nicht belegbar. Ganz im Gegenteil hat der Senat der Firma schon knappe zwei Millionen Euro im Voraus bezahlt, für die noch keine Leistungen erbracht worden sind.«

Eine geringe Kostensteigerung durch die zeitliche Verzögerung hält Reetz für möglich, betont aber, dass alle Rückstände aufgeholt werden können. Auch Andreas Nachama, der geschäftsführende Direktor der Stiftung Topographie des Terrors, gibt sich gelassen: »Bei der aktuellen Situation der Baubranche muss selbst eine Neuausschreibung keine Verteuerung bedeuten.«

Dies alles hinderte den Bauexperten der CDU-Fraktion, Alexander Kaczmarek, nicht daran, den Bau des Dokumentationszentrums gegenüber der Berliner Zeitung gleich als »unverantwortlich« in Anbetracht der leeren Landeskasse zu bezeichnen. Kein Wunder, hatte doch seine Partei zu Zeiten der Großen Koalition den Bau nicht gerade vorangetrieben.

Offen ist, wie sich die Bundesregierung im Falle einer Kostensteigerung verhalten wird. Sie könnte sich stur stellen und so tun, als habe man mit dem Bau und der unvorhersehbaren Verteuerung nichts weiter zu schaffen. Ein Sprecher des Staatsministers Julian Nida-Rümelin, des Kulturbeauftragten der Bundesregierung, gab sich gegenüber Jungle World nicht sehr gesprächig. Es gebe »keinen neuen Sachstand« und zu »Spekulationen« wolle er sich nicht äußern.