Alles normal

Bundesligaskandal um Bayern München

Gegen den FC Bayern München liegt tatsächlich eine Menge vor: Vom Personal bis zu den Trikotfarben, vom Wegschnappen des eigentlich Schalke gebührenden Titels in der letzten Minute bis zum gewohnheitsmäßigen Meisterwerden gibt es kaum etwas, was an dem Verein nicht eklig ist.

Und so träumen Fans anderer Clubs schon seit Jahren davon, dass endlich einmal etwas passiert und Bayern absteigt, Pleite geht, behördlich geschlossen wird oder sonstwie aus der Erstliga-Tabelle verschwindet. Seit einigen Tagen wähnen sich die meisten wohl völlig unerwartet am Ziel: Bayern München musste nach einem Bericht im managermagazin zugeben, 1999 von der Kirch AG 40 Millionen Mark dafür erhalten zu haben, dass Hoeneß und Co. der weiteren Zentralvermarktung der Liga zustimmen.

Die deutsche Fußball-Öffentlichkeit reagierte auf diese Enthüllung mindestens so aufgeregt wie damals Teile der deutschen Linken auf die kurze Zeit später als Fake entlarvte Nachricht, dass die Bilder feiernder Palästinenser am 11. September von CNN gefälscht worden seien. Der FC Bayern müsse den einen oder anderen Titel zurückgeben, hieß es unter anderem, er solle die von Kirch erhaltenen Millionen umverteilen oder sich mindestens ganz gewaltig schämen. Ein Berliner Rechtsanwalt erstattete Anzeige, was in vielen Medien als weiterer Beweis für die Ungeheuerlichkeit des Bayernschen Vorgehens gewertet wurde, nicht ahnend, dass egal, was gerade im Land passiert, sich immer ein Berliner Rechtsanwalt findet, der dagegen eine Klage einreicht.

Wir Bayern-Hasser sollten uns von der ausgebrochenen Hysterie allerdings nicht anstecken lassen und auf keinen Fall in Tagträumen vom in Handschellen abgeführten Kaiser, von der Versteigerung des Vereinsnamens oder der feierlichen Übergabe diverser Meistertitel an andere Vereine verfallen.

Denn was die Bayern getan haben, war, der heutigen Faktenlage nach zu urteilen, nicht einmal anrüchig: Der FC Bayern ließ sich lediglich seine Solidarität bezahlen, wie es auch Gewerkschaften und andere Gruppen zu tun pflegen. Die Differenz zwischen dem, was der Verein in Eigenregie hätte verdienen können, und dem, was er tatsächlich erhielt, wurde halt von Kirch übernommen.

Zudem war zum damaligen Zeitpunkt kein anderer Anbieter bereit, derart viel Geld für die Fußballrechte zu bezahlen, sodass unterm Strich alle ein gutes Geschäft gemacht haben. Bis auf die Kirch-Gruppe, aber das ist ein anderes Thema.

So ist es auch kein Wunder, dass sich bisher keiner der kleineren Vereine zu diesem Thema zu Wort gemeldet hat. Denn die waren es schließlich, die vom Ja der Münchener zur weiteren Zentralvermarktung am meisten profitierten.

So bleibt nur die Hoffnung, dass Bayern München irgendwann einmal sportlich erledigt werden kann. Bis zum Beginn der neuen Saison gilt es zwar noch eine in sicherlich allen Sendern übertragene Meisterfeier der Jungs in den hässlichen Trikots wegzuzappen, aber vielleicht findet sich im nächsten Jahr ja schon ein nettes Team, das den Rekordclub schwindelig spielt.

elke wittich