Laborbericht - Antifaschistische Singvögel

Blaukehlchen gegen Braunkehlen

Kolumne Von

Das Blaukehlchen (Luscinia svecica) ist ein in Eurasien sowie in Teilen Alaskas beheimateter Singvogel. Es gehört wie sein bekannterer Verwandter, das Rotkehlchen, zur Familie der Fliegenschnäpper und ist mit 13 bis 14 Zentimetern Körperlänge auch ungefähr so groß wie dieses.

Während die Männchen grundsätzlich den ­namensgebenden blauschillernden Halsfleck zur Schau tragen, lassen die Weibchen sich nicht auf Geschlechterstereotypen festlegen: Das Farbspektrum ihres Federkleids reicht von einer unspektakulär beigen Kehle über eine leicht bläuliche Färbung bis hin zu sogenannten hahnenfedrigen Individuen, die von den Männchen nicht zu unterscheiden sind – das muss wohl dieser Genderwahn sein. Auch der Migrationshintergrund des Blaukehlchens dürfte nicht allen passen und die Frage aufwerfen, ob die Vögel überhaupt zu Deutschland gehören: In einer alljähr­lichen Einwanderungswelle ziehen die Tiere im Frühling aus Afrika in ihre Brutgebiete im Norden.

»Das so vielen Sängern geläufige ›tak, tak‹ ist auch die Lockstimme des Blaukehlchens, ein sanftes ›fied, fied‹ der Laut der Zärtlichkeit, ein unnach­ahmliches Schnarren der Ausdruck des Zornes«, informiert »Brehms Tier­leben«. Leider haben die Vögel heutzutage weitaus mehr Grund zum Schnarren als zur Entstehungszeit des zoologischen Klassikers.

Ohnehin sind die Singvögel in Mitteleuropa in Bedrängnis, was vor allem auf den dramatischen Insektenschwund zurückzuführen ist. Und im Gegensatz zu Arten, die mit menschlichen Siedlungen als Lebensraum klarkommen, braucht das Blaukehlchen Feuchtgebiete mit dichtem Gebüsch oder Schilfrohr, von denen es in den zugebauten Landschaften hierzulande immer weniger gibt.

Eines jener raren Biotope findet sich im südthüringischen Themar; die Blaukehlchen dürften daher noch zorniger geschnarrt haben, sollte ihnen zu Ohren gekommen sein, was dort am 8. und 9. Juni, also mitten in ihrer Brut- und Aufzuchtzeit, geplant ist: Wie bereits mehrfach im vergangenen Jahr wollen Braunkehlen auf einer benachbarten Wiese für Tausende Neonazis singen. Und von Rechtsrock-Bands beschallt zu werden, wäre nicht nur für jeden vernünftigen Menschen, sondern eben auch für die ­Vogelwelt – neben Blaukehlchen leben dort auch Uhus, Wanderfalken und ­andere geschützte Arten – eine unerträgliche Zumutung. Das fand auch das Landratsamt Hildburghausen und untersagte im März die Veranstaltung; das Thüringer Landesverwaltungsamt bestätigte in der vergangenen Woche das Verbot.

Kein Herz für Tiere hat dagegen das Verwaltungsgericht Meiningen und gab am vergangenen Freitag einer Klage der Nazis gegen das Verbot statt. Die Blaukehlchen, äh, der Landkreis kann dagegen noch Rechtsmittel einlegen, Ausgang bei Redaktionsschluss offen. Wir drücken den genderfluiden Migranten aus dem Süden die Daumen und senden ein solidarisches »fied, fied«.