Gabriele Krone-Schmalz, Putin-Versteherin vom Dienst

Die richtige Preisträgerin

Beasts of the Jungle. Hierzulande versteht niemand Russland besser als sie: Die Journalistin Gabriele Krone-Schmalz erhält den Löwenherz-Friedenspreis.
Kolumne Von

Einen Friedenspreis erhält man in Deutschland in den meisten Fällen aus einem von drei Gründen: Man ist ein versierter Verfasser von Sprüchen fürs Poesiealbum wie der Dalai Lama, singt schon morgens unter der Dusche schlechte Lieder wie Konstantin Wecker oder engagiert sich mit ganzer Kraft gegen den Westen. So gesehen ist es folgerichtig, dass nach dem Lama (2018) und Wecker (2016) nun auch die Journalistin Gabriele Krone-Schmalz den bis vor kurzem weithin unbekannten und auch in Zukunft bedeutungslosen Löwenherz-Friedenspreis der in Leonberg ansässigen Human Projects GmbH erhält.

Lange Jahre war Krone-Schmalz, die von 1987 bis 1991 Moskau-Korrespondentin der ARD war, eine der beliebtesten und medial wirkmächtigsten Russland-Erklärerinnen der Republik. Ganz im Sinn der sozialdemokratischen Entspannungspolitik der siebziger Jahre versuchte sie, den Deutschen die russische Politik näherzubringen und die dortige Sicht auf die Welt zu vermitteln.

In einem Vortrag, den Krone-Schmalz im Oktober vergangenen Jahres in der Volkshochschule Reutlingen hielt und der seitdem über 1,6 Millionen Mal auf Youtube abgerufen wurde, sagt sie, der Westen habe Wladimir Putin auflaufen lassen; dass die Nato ihre Osterweiterung »durchgezogen« habe, sei der größte Fehler seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gewesen.

Der russische Bär ist sensibel, er mag es nicht, gereizt zu werden. Aber ganz tief in seiner Seele ist er nur ein Teddy, der geliebt und verstanden werden will.

Russland ist für sie ein sanfter, aber bedrängter Riese: »Russland verfolgt keine radikale Expansionspolitik, sondern handelt aus einer strategischen Defensive heraus.« Das Land versuche, in einer Position der Schwäche seine Verteidigungsfähigkeit wiederherzustellen. Deutschland habe immer mäßigend auf den Westen eingewirkt.

Viele in Deutschland sehen es so wie Krone-Schmalz. Sie misstrauen dem Westen und den USA. Man träumt von einer Partnerschaft zwischen Deutschland und Russland und ignoriert die Befürchtungen von Ländern wie Polen, den baltischen Staaten und Tschechien, ebenso wie man sich einen Dreck darum scherte, was für ein Leben sich die Menschen in der Ukraine wünschen.

Dass Russland schon unter Boris Jelzin und verstärkt unter Putin eine kriegerische Politik verfolgte, die tschetschenische Hauptstadt Grosny in Schutt und Asche bombte, Georgien überfiel, 2014 die Krim annektierte, in weiteren Teilen der Ukraine einen Stellvertreterkrieg anzettelte und in Syrien den Diktator Bashar al-Assad an der Macht hielt, dem es mit militärischer Unterstützung dabei half, Rebellen mit Fassbomben zu massakrieren, wird gerne übersehen. Ja, der russische Bär ist sensibel, er mag es nicht, gereizt zu werden. Aber ganz tief in seiner Seele ist er nur ein Teddy, der geliebt und verstanden werden will.

Krone-Schmalz ignoriert, dass Russland das letzte noch bestehende europäische Kolonialreich ist. Schon zur Zarenzeit wurden Ukrainer und Belarussen unter der Knute gehalten. Auch in der Sowjetunion war das von Lenin zugesicherte Selbstbestimmungsrecht der Völker nie mehr als Propaganda. Staaten wie die Ukraine, die sich zur Zeit der Oktoberrevolution gründeten, wurden militärisch in das Großreich, das sich nun So­wjetunion nannte, zurückgezwungen. Putin folgt heutzutage schlicht einer jahrhundertealten russischen Imperialpolitik.

Eine Sicht, die das verkennt, ist im besten Fall naiv, äußerst arrogant und dabei so typisch deutsch, dass sie vollkommen zu Recht mit einem Friedenspreis geehrt wird.