Wie Norwegen von Unwettern heimgesucht wurde und das Chaos meisterte

Nasse Ferien

Das Medium. Norwegen ist selbst mit Unwettern besser als Deutschland ohne.
Kolumne Von

Doch, es war ein sehr schöner Urlaub, auch wenn er zu ungewohnt großen Teilen darin bestand, Unwetterwarnungen zu empfangen. In Norwegen regnete es nämlich, sehr, und wie der vorbildlich rasch eingesetzte Krisenstab mitteilte, ist man auf derartige Regenmengen einfach nicht vorbereitet. Schnee, ja, aber tagelangen styrtregn, Sturzregen? Nein.

In den Zeitungen und Nachrichtensendungen gab es zunächst interessante Bilder von unterspülten Landstraßen, deren Asphaltbelag nun im Graben lag; kleinen Flüsschen, die ursprünglich mal Bahnverbindungen gewesen waren; und Campingurlaubern, die von der Außenwelt abgeschnitten Campingurlaubsdinge taten.

In Norwegen muss alles, was durch Naturka­tastrophen zerstört wird, ersetzt werden, selbst in Hochrisikogebieten.

Dann nahm der Regen zu, und es stellte sich heraus, dass mangels Strom keine Verbindung mehr zu den Flutklappen eines Wasserwerks bestand und ein Dammbruch drohte. Während das Heer und die zuständige Bombengruppe der Polizei noch berieten, wie man die Klappen aufsprengen könnte, brach der Damm und die Fluten rissen Bäume und vor allem Strommasten mit sich, bis auf einen, der im Wasser hin- und hertaumelte und große Schäden an­zurichten drohte. Am Ende wurden er und die renitente Flutklappe gesprengt beziehungsweise zerstört, während den zahlreichen Evakuierten erklärt wurde, dass sie erst mal nicht in ihre verschlammten Häuser zurückkehren dürften.

Was diese sehr gefasst aufnahmen, auch weil Norwegen eines der großzügigsten Versicherungsgesetze der Welt hat. Alles, was durch Naturka­tastrophen zerstört wird, muss ersetzt werden, selbst in Hochrisikogebieten. Und auch sonst zeigte sich das mit rund fünfeinhalb Millionen Einwohnern eher winzige Land pragmatisch und lösungsorientiert: Nachdem die Bahn- und Straßenverbindungen zwischen Oslo und Trondheim tagelang unterbrochen waren, wurden kurzerhand 20 zusätzliche Flüge pro Tag anberaumt.

Und der Betreiber einer privaten Bahnlinie, der zunächst arrogant erklärt hatte, dass er gar nicht daran denke, Busse für die vielen Gestrandeten anzubieten, die am Osloer Hauptbahnhof angekommen waren und keine Regionalbahn nach Hause mehr nehmen konnten, erklärte nach einigen höflichen Zurechtweisungen recht kleinlaut, dass nun genug Busse für alle da seien. Wie scheußlich, wieder in Deutschland zu sein.