Von Krähen, Krokodilen und Kampfhubschraubern

Homestory #46/23

Diese Woche spielt die Homestory in der Natur: Der Ort der Handlung liegt in Queensland, Australien – die Koorana-Krokodilfarm mit 3.000 Exemplaren der schuppigen Panzerechsen, um deren Liebesleben sich diese Geschichte dreht.
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Und jetzt mal was ganz anderes. Die Welt besteht ja nicht nur aus jihadistischem Gemeuchel, antisemitischen Totalausfällen und pseudoreligiösem Wahnwitz. Nein, es gibt auch die Wunder der Natur und wie sie sich unter dem segensreichen Einfluss der menschlichen Zivilisation weiterentwickeln.

Altbekannt ist beispielsweise das Phänomen, dass in Städten lebende Tiere sich urbanisieren und schlauer werden. Die alte Krähe beispielsweise, die an der Ampel lauert und Nüsse vor die Autos wirft, um sie sich knacken zu lassen. Der Fuchs, der auf seine haarige Kaninchenspeise verzichtet und stattdessen lieber zwecks Pizzagenusses die Mülleimer im Stadtpark plündert. Eine Recherche des australischen Senders ABC hat jüngst ein neues verblüffendes Kapitel über das jüngste Verhältnis von Mensch, Natur und Technologie enthüllt.

»Alle großen Männchen standen auf und brüllten und brüllten in den Himmel. Und nachdem die Helikopter abgeflogen waren, paarten sie sich wie verrückt.« John Lever, australischer Farmer

Der Ort der Handlung liegt in Queensland, Australien – die Koorana-Krokodilfarm mit 3.000 Exemplaren der schuppigen Panzerechsen, um deren Liebesleben sich die Story dreht. Die Paarungszeiten der Krokodile variieren auf der Welt, aber oft kann ein Signal die Erregung der Männchen auslösen. Ein solches Signal kann ein Gewittersturm sein, der anzeigt, dass die optimale Zeit für die Eiablage des Weibchens naht. Doch besser noch funktionieren die tieffliegenden Chinooks – jene langen Hubschrauber mit großen Rotoren vorne und hinten – der Streitkräfte Singapurs, die in der Gegend Militärübungen abhalten und regelmäßig über die Krokodilfarm fliegen.

Was dann geschieht, schildert John Lever, der Eigentümer der Farm. »Die Krokodile fangen an, gemeinsam Laute zu rufen«, sagte er. »Alle großen Männchen standen auf und brüllten und brüllten in den Himmel. Und nachdem die Helikopter abgeflogen waren, paarten sie sich wie verrückt.« Was die Chinooks zum Aphrodisiakum macht, darüber existieren verschiedene Theorien. Vielleicht reagieren die Männchen auf etwas, das sie für Donner halten, der die Regenzeit ankündigt, die ideal für die Paarung ist. Möglich, dass der Helikopterlärm – wump, wump – dem niederfrequenten Revierruf von Krokodilbullen ähnelt und die Männchen dazu veranlasst, sich so schnell wie möglich ans Werk zu machen. Oder die Hubschrauber erzeugen einen vorübergehenden Abfall des Luftdrucks, der den Krokodilen vorgaukelt, dass ein Sturm bevorsteht.

Wie dem auch sei, 2020 hat Australien mit Singapur einen Vertrag über militärisches Training in der Region unterzeichnet, das weiter ausgebaut werden soll. Gut möglich also, dass es in den kommenden Jahren und Jahrzehnten noch viel mehr Chinooks geben wird, die die schlummernde Libido der Panzerechsen entfachen.