Auf dem neuen Album von F.S.K. werden wieder lauter Namen fallen gelassen

Assoziieren, zitieren, einkaufen gehen

Die neue Platte von F.S.K. heißt »Topsy-Turvy«. Auf ihr geht es tatsächlich drunter und drüber, und zwar mit dem üblichen Mix der Band aus Namedropping und Anspielungen.

Das Namedropping hat einen schlechten Ruf. Man assoziiert damit nicht zu Unrecht arrogante Schnösel, die mit ihrem meist sporadischen Wissen angeben oder im schlimmsten Falle noch so tun, als kennten sie die Leute persönlich, über die sie daherreden.

Aber es geht natürlich auch anders: Mit Namen von berühmten oder vielleicht gar nicht so bekannten Persönlichkeiten um sich zu werfen, kann auch davon zeugen, sich so vollumfassend in ein Thema vertieft zu haben, dass man denkt, mit der Nennung eines Namens sei eigentlich schon alles gesagt.

Im Namedropping drückt sich aber auch ein Verhältnis zur Welt aus, das mal ironisch, mal ernsthaft daherkommen kann – jeder genannte Name macht klar, dass es Geschichte gibt und dass sie von Menschen gemacht wurde. Auch kann sich darin eine anhimmelnde Faszination für Personen ausdrücken, die in den Augen des Namedroppers etwas Außergewöhnliches geleistet haben – die Erwähnung des Namens ist bereits eine halbe Liebeserklärung, eine fast fanatische, aber durch und durch sympathische Angelegenheit.

Einem solchen sympathischen Namen-fallen-Lassen kann man seit über 40 Jahren bei F.S.K. begegnen. Die Münchner Band veröffentlichte bereits 1981 auf ihrem ersten Album »Stürmer« einen Song, den man fast als Manifest des Namedroppings bezeichnen könnte: In »Lesezirkel Melodie« gibt es kaum eine Zeile, in der nicht irgendeine Person des öffentlichen Lebens persifliert würde, darunter allein in der ersten Strophe so illustre Gestalten wie Ronald ­Reagan, Erich Honecker oder Joseph Beuys.

So muss Agit-Pop sein: Statt autoritärer Losungen denkt man wild daher und spielt im Hintergrund eine an den Glam Rock von Roxy Music gemahnende Klaviereinlage.

Auf ihrem kürzlich erschienenen Album »Topsy-Turvy« werden Namen zwar nicht mehr in solch hoher Frequenz abgefeuert, sie kommen aber sehr wohl vor, wie beim zweiten Song »Claude Lanzmann (und sein Bruder)« schon im Titel. Das Lied, eine Hommage an den 2018 verstorbenen Filmemacher (»Warum Israel«, 1972; »Shoah«, 1985), belässt es aber nicht bei der Nennung Lanzmanns – wer einen Namen sagt, dem liegen auch gleich andere auf der Zunge. In diesem Fall sind es die von Simone de Beauvoir, Jean-Paul Sartre, Jacques Lanzmann (Claudes Bruder), Jacques Dutronc und Françoise Hardy.

Der knappe Vortrag darüber, was diese Personen miteinander verbindet, mutet wie eine literarisierte Version eines Wikipedia-Artikels an, gespickt jedoch mit ganz unsachlichen Wertungen (»grandios«, »cool«). Nach zwei Minuten Laufzeit ist schon alles gesagt, das Lied ist von da an für knapp vier Minuten ein Instrumentalstück, bestehend aus trashig-schönen Synthies und einem krächzend gespielten Cello – zumindest ein bisschen Zeit, um sich weiter über die Leute zu informieren, die einem gerade vorgestellt wurden.

Zu recherchieren gibt es genug nach dem Hören einer Platte von F.S.K., manches aber lässt das Insider-Herz sofort höher schlagen; zum Beispiel der Song »Amorbach«, eine Ode an die kleine unterfränkische Stadt, die der Lieblingsort eines gewissen deutschen Philosophen war. Manch anderes Lied lässt einen zunächst am Kopf kratzend zurück, so wie »Stirn zeigen«, in dem es anfangs um verschiedene Pony-Frisuren geht, worauf die Aufzählung der Rassen kleiner Pferde folgt; dank Assoziation, Verweisen und expliziten Textstellen (»Festkleben!«) findet man sich schließlich bei der Letzten Generation wieder. Deren Mitglieder bieten nämlich Stirn (und zeigen sie je nach Frisur auch) und kleben sich an den Asphalt. So muss Agit-Pop sein: Statt autoritärer Losungen denkt man wild daher und spielt im Hintergrund eine an den Glam Rock von Roxy Music gemahnende Klaviereinlage.

Wer so viel assoziiert und zitiert, muss auch vor sich selbst nicht Halt machen: Das sechste Lied auf »Topsy-Turvy« heißt »Kaufhalle Revisited«, dessen Vorläufer »Kaufhalle« 1981 auf der F.S.K.-EP »Teilnehmende Beobachtung« erschien. »Kaufhalle« war ein dystopisch-zynisches Lied über den Konsumkapitalismus, während nun »Kaufhalle Revisited«, ­obwohl auch mit ordentlich Ironie gespickt, fast schon eine nostalgische Eloge auf den Supermarkt und das Kaufhaus ist. Ein Widerspruch? Nein, wohl eher Dialektik, Dialektik-Pop, wenn man so will.

F.S.K.: Topsy-Turvy (Buback)