Thomas von der Osten-Sacken

Vor einem Jahr schrieb ich in einem Buchbeitrag für das von Stephan Grigat herausgegebene Buch "Iran, Israel, Deutschland" folgende Zeilen:

„Da stellt sich mir die Frage wie viele kurdische Tote uns ein Deutscher Staatsbürger wert ist?!“

Aymenn Jawad Al-Tamimi, ein Kenner der Jihadistenszene in Syrien und dem Irak, bereiste im Januar den Kanton Jazeera in Syrisch-Kurdistan und hat jetzt eine längere Reportage veröffentlicht, die äußerst lesenswert ist, weil sie sich so wohltuend von sonstigen Rojava-Berichten unterscheidet und auf jede Apologetik verzichtet. Zugleich verdammt Tamimi die punktuelle Zusammenarbeit der PYD mit syrischen Behörden nicht und versucht, so unparteilich wie möglich von vor Ort zu informieren.

Seit Wochen bombardieren syrische und russische Flugzeuge die als Ost-Ghouta bekannten Stadtteile von Damaskus, die noch von syrischen Rebellen gehalten werden. In den Ghoutas kam 2013 Giftgas zum Einsatz, 1500 Menschen starben sofort, seitdem leiden die Menschen auch unter einer systematischen Hungerblockade des Regimes.

Im Iran riskieren Frauen ihre Freiheit, um gegen die Zwangsverschleierung, eine Säule der Islamischen Republik, zu protestieren. Selbst in Saudi Arabien regt sich Widerstand und erst kürzlich meinte ein Kleriker, der Hijab sei nicht vorgeschrieben. Anderswo entzündet sich im Nahen Osten immer wieder der Kulturkampf um dieses Stück Tuch.

Die Welt meldet äußerst erfreuliche Neuigkeiten: „Endlich hat das Gericht die Freilassung meines Mandanten beschlossen“, twitterte Anwalt Veysel Ok. Das Gericht in Istanbul verfügte die Freilassung für die weitere Dauer des Verfahrens. Es wurde keine Ausreisesperre verhängt. Yücel befindet sich einstweilen noch in einem Gefängnisgebäude.

Der Sound des Antiimperialismus im Jahr 2018. Das könnte so, Wort für Wort, auch in einem Artikel der Jungen Welt stehen:

Stammte die folgende Meldung aus dem Jahre 2013, sie wäre wichtig und richtig gewesen, im Jahr 2018 wirkt sie so verrückt, wie alles, was dieser tage mit Syrien zu tun  hat: Angesichts der jüngsten Berichte über Gräueltaten verschärft Frankreichs Präsident den Ton gegenüber dem syrischen Regime. Macron droht offen mit Angriffen, falls Assad erneut Giftgas einsetzt - doch noch fehlen ausreichende Beweise.

Die israelische Armee geht eigenen Angaben zufolge davon aus, dass ihre Angriffe auf syrische und iranische Ziele vor einigen Tagen fast die Hälfte der Luftabwehr der syrischen Armee außer Gefecht gesetzt haben.

Eines der wichtigsten außenpolitischen Ziele der EU besteht darin, die Fluchtrouten aus dem subsaharischen Afrika, dem Nahen Osten, Aghanistan und Pakistan zu schließen. Eigentlich ist das technisch gesehen, wenn man es nur will, möglich und bedarf vor allem der Kooperation von Mali, Niger, Ägypten, dem Sudan in Afrika und dann der Türkei.

Eigentlich kann man – irgend ein x-beliebiger europäischer Politiker wird darüber gerne Auskunft geben – mit iranischen Regimevertretern über so gut wie alles reden, ja oft zeigen sie sich sogar sehr eloquent und manchmal sogar bereit zu Kompromissen. Jahrzehnte des Dialoges haben es bewiesen, hunderte von Delegationen in Teheran es vorgemacht. Aber über zwei Punkte lässt sich nicht reden, die da wären: Die Vernichtung Israels und das Kopftuch.

In den vergangenen Tagen mobilisierte die türkische Invasion in Afrin tausende von Kurden aus anderen Teilen Rojavas und sogar dem benachbarten Nordirak, die sich auf einen Solidaritätsmarsch in die umkämpfte Enklave aufmachten:

Frauendemonstration in Tunis, Januar 2011 (Bild: ©Th. v. d. Osten-Sacken) 

Wie viele Frauen es inzwischen sind, die an Straßenkreuzungen überall im Iran ihr Kopftuch abnehmen, ist unbekannt. Aber es heisst, diese Aktion verbreite sich wie in Lauffeuer und die Twitter-Accounts iranischer Oppositioneller sind voll solcher Bilder. Besonders angetan hat es ihnen diese alte Dame:

Der türkische Präsident propagiert ihn und unzählige Menschen in Europa glauben, er fände längst und ungebremst statt: der sogenannte Geburten-Jihad. Muslimische Frauen bekämen einfach mehr Kinder als nichtmuslimische, in wenigen Jahrzehnten gäbe es deshalb, so nicht massiv interveniert werde, in vielen europäischen Ländern eine muslimische Mehrheit. Während sich also die Behauptung, dass Muslime insgesamt mehr Kinder bekämen als Nichtmuslime, nicht belegen lässt, stimmt auch unter Muslimen, dass sehr religiöse Paare mehr Kinder bekommen als weniger religiöse.