Change!

Die deutsche Parteienlandschaft blüht wie ein Mohnfeld in der Sonne Afghanistans, nur bunter. Nichts ergibt mehr Sinn oder irgendeine Mehrheit. Neue Bündnisse müssen her. Die Farbenlehre muss umgeschrieben werden. Das haben inzwischen alle Parteien begriffen. Unkonventionelles Denken ist gefragt und Mut – Eigenschaften, die im politischen Geschäft bekanntlich nicht besonders ausgeprägt sind. Die »Jungle World« erlaubt sich daher, neue Vorschläge in die Debatte einzubringen, die unser Land wieder zukunftsfähig machen könnten. Neue Koalitionen für Deutschland! Wir helfen bei der Partnerwahl.

Die Schwarzrote Front: CDU – »Linke«

Womöglich bedarf es ein wenig Vorarbeit für diese Koalition. Attac-Mitglied und Globalisierungs­kritiker Heiner Geißler wäre der ideale Vermittler, um die verhärteten Fronten zwischen der CDU und der »Linken« aufzubrechen. Roland Koch und Oskar Lafontaine müssen davon überzeugt werden, dass sie als unschlagbares Duo gemeinsam gegen »Fremdarbeiter« und kriminelle Ausländer vorgehen könnten. Auch Wolfgang Schäuble könnte von dem schwarzroten Bündnis nur profitieren: Von erfahrenen SED-Mitgliedern erhielte er für seine Sicherheitspolitik hilfreiche Anregungen. Als wichtigste Vermittlerin bei den Koalitionsverhandlungen wird allerdings Kanzlerin Angela Merkel fungieren müssen – schließlich hat sie erst kürzlich in einem Interview ihre Vergangenheit als Hausbesetzerin in der DDR gestanden. Als Schwarzrote Front könnten CDU und »Linke« viele Gemeinsamkeiten neu entdecken. Auf geht’s!

amelie werner

 

Die Spanien-Koalition: SPD – FDP – »Linke«

Die Rettung für die SPD und Deutschland! Was die SPD so gerne propagiert, mit diesen Partnern müsste es gehen: Mit der FDP privatisieren und mit der Linkspartei umverteilen. Wirtschaft fördern und soziale Gerechtigkeit herstellen. Leistung, die sich lohnt, und Leistungen statt Lohn. So wären alle zufrieden. Die Besserverdienenden und die, die es nicht besser verdienen, in einem Boot – sehnt sich danach nicht seit langem die Nation? Kam Genscher nicht sogar aus dem Osten? FDP und »Linke« sind einfach die natürlichen Partner der SPD. Sie hat bereits mit beiden ausgiebig koaliert. Warum sollte es also nicht zusammen gehen? Die grünen Verräter (CDU!) sind verzichtbar. FDP und »Linke« sind gegen Mehrwertsteuererhöhungen, beiden liegt der Standort Deutschland am Herzen, und mit dem Mülltrennen und dem Flaschenpfand wäre endlich Schluss. Den Etatismus der »Linken« hebeln die Liberalen aus, dem Marktradikalismus der FDP stellt die »Linke« ein Bein – und die SPD kanalisiert das alles zu dem paradiesischen Verteilungskapitalismus, von dem ganz Deutschland träumt.

ivo bozic

 

Die Mosambik-Koalition: Grüne – CDU – FDP – »Linke«

Es ist eine schwere Stunde für Menschen, die noch eine Ehre im Leib haben. Vor der Wahl, am Wahltag und noch am Tag nach der Wahl in Hessen versicherte Andrea Ypsilanti: Mit der »Linken« niemals, weder so, noch so, drei Mal: Nein! Doch dann, als sie im Lauf der nächsten Woche bemerkte, dass sie die Wahl gar nicht gewonnen hatte, kam sie ins Grübeln. Mit dem bekannten Ergebnis: Eine unsichtbare Unterstützung durch die »Linke« soll es nun sein. Wie ist diesem schäbigen und niederträchtigen Wortbruch zu begegnen? Nur so: Die ehrlichen Parteien müssen sich zusammenschließen. Es geht inzwischen um mehr als politische Taktik und Parteiengeplänkel: Wehrhafte Demokraten müssen zusammenstehen, um die sozialdemokratischen Lügner in ihre Schranken zu weisen. Und deshalb ist in Hessen – und nicht nur dort – nur eine Koalition die wahre; im wahrsten Sinne des Wortes: die Mosambik-Koalition aus Grünen, CDU, FDP und der »Linken« – völlig ohne SPD. Allein dieses Bündnis kann den weiteren Verfall der Sitten und der Moral im alltäglichen politischen Geschäft verhindern. Nie wieder Wortbruch, nie wieder SPD!

max gschwendtner

 

Die Kuba-Koalition: CDU – Graue Panther – DKP

Schon Fidel Castro hat gesagt: »Es ist immer mein Wunsch gewesen, die Pflicht bis zum letzten Atemzug zu erfüllen. Das ist es, was ich bieten kann.« Welch ein Traum für Deutschland: erst die Revolution und danach ein halbes Jahrhundert nichts mehr! Solch eine rosige Zukunft verspricht die Kuba-Koalition. Bloß ohne Revolution. Mit lästigen Reformen wäre auf unabsehbare Zeit Schluss. Da würde nichts mehr »verschlankt«, »outgesourct« oder »restrukturiert«. Alles bliebe, wie es ist – und könnte deshalb auch nicht schlim­mer werden! In den ersten drei Legislaturperioden wären die Koalitionäre damit ausgelastet zu klären, ob 85jährige noch künstliche Hüftgelenke erhalten sollen oder nicht. In den nächsten würden Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Konservatismus, Dogmatismus und Altersstarrsinn herausgearbeitet. Dem leuchtenden Vorbild der Grauen Panther folgend, die damit bereits angefangen haben, würde in der Folge der Selbst­auflösungsprozess der Koalition und der beteiligten Parteien beginnen und sich über mehrere Jahrzehnte hinziehen. Zugegeben, alles, was Spaß macht, wäre offiziell verboten oder verpönt. Aber im Untergrund ginge so richtig die Post ab!

regina stötzel

 

Die Kongo-Koalition (»Kleine Ampel«): »Linke« – FDP – Grüne

In dieser wünschenswerten Regierungskonstellation würde es nicht den geringsten Zwist geben, denn alle beteiligten Parteien zeichnen sich vorwiegend dadurch aus, dass ihre Programme im Grunde ein einziges sind, und das lautet: Mitregieren. Alle Mitregierungsparteien würden derart zu einer einzigen, kompakten, ganz und gar unkorrumpierbaren Mitregierungsparteienpartei zusammengeschweißt, die alle drei Essentials der Politik quasi basisdemokratisch zusammenbetoniert: Glaube (Grüne), Liebe (FDP), Hoffnung (»Linke«). Alle würden pfeilgrad weiter das tun, was sie schon immer tun und am besten können: Die Linkspartei würde die Politik der SPD betreiben, die Grünen die Politik der FDP, und Guido Westerwelle würde als das Maskottchen des Bundesverbands der deutschen Industrie dafür Sorge tragen, dass keiner einen klügeren Satz sagt als er selbst und nichts aus dem Ruder läuft. Das Ergebnis wäre ganz erstaunlich: Der Kapitalismus würde ratzfatz und sauber auf Hochtouren weiterbrummen wie bisher, auf Plastiktüten wäre Pfand, und die Gewerkschaften dürften sich rund um die Uhr freuen, dass es sie noch immer gibt, obwohl sie vollkommen sinnlos sind. Kurz: Alles wäre wie jetzt auch, nur possierlicher.

thomas blum

 

Die Kenia-Koalition: CDU – Grüne – »Linke«

Voraussichtlich bedürfte es nicht einmal Kofi Annans Vermittlung, um das scheinbar Gegensätzliche zu vereinen. Nach dem Umsturz so mancher traditionellen Grundfesten konservativer Politik durch Gabriele Pauli, Norbert Blüm, Ole von Beust und Co. steht der schwarz-rot-grünen Dreifaltigkeit kaum mehr etwas im Wege. Zumal der hilfreiche Hinweis des Berliner CDU-Führers Friedbert Pflüger, Oskar Lafontaine sei im Grunde nichts weiter als die Reinkarnation des österreichischen Demagogen Jörg Haider, den Parteivorsitzenden der »Linken« im rechten Licht erscheinen lässt. Sozialer Ökokonservatismus! Das ist das Erfolgsmodell einer gebeutelten Nation und die Rettung für das Klima und das christliche Abendland. Den Segen des Vatikans hätte ein solches Bündnis allemal. Verpflichtet das Chris­tentum doch zu Verantwortung gegenüber der Schöpfung und zu sozialer Solidarität gleichermaßen. Statt »Klassengesellschaft« endlich Hand in Hand gegen die gesellschaftliche Kälte. Atomkraftwerke, die mit der Energie ostdeutscher Sonne betrieben werden, und vegetarische Jugend-Gulags. Bewahren und gestalten – ein deutsches Märchen wird wahr.

lukas böckmann

 

Der Sowjet-Block: SPD – »Linke« – DKP

Die kompetenten Aussagen Christel Wegners zu den sicherheitspolitischen Notwendigkeiten in einem geordneten Staatswesen haben der »Linken« nicht geschadet, im Gegenteil. Denn der Bürger weiß: Ordnung muss sein, und ihre Feinde lauern überall. Die dekadenten Parteien des Monopolkapitals können uns nicht gegen Heuschrecken, Hütchenspieler und andere Halunken verteidigen. Dazu bedarf es einer rot-rot-roten Koalition. Eine gestärkte DKP führt das Innenministerium. Sie muss keine Stasi aufbauen, schließ­lich hat der BND seine Effektivität im Kampf gegen die tückischen Schliche der Bourgeoisie bewiesen. Weiter so, Genosse Agent! Verteidigungsminister Oskar Lafontaine sorgt dafür, dass unsere Grenzen vor Hungerleidern sicher sind. Während Arbeitsminister Kurt Beck nach der Rasur in einem ostdeutschen Friseursalon mit einem Trinkgeld die Binnenkonjunktur ankurbelt, zwingen Charme und Überredungskünste des Wirtschaftsministers Gregor Gysi die gierigen Manager in die Knie. Christen wie Muslime freuen sich, weil unter Familienministerin Christa Müller endlich wieder Sitte und Anstand einkehren. Den Sowjet-Block in seinem Lauf hält weder Roth noch Merkel auf!

jörn schulz

 

Die Ghana-Koalition: SPD – FDP – Grüne – APPD

Bereits die ersten Sondierungsgespräche auf dem Wiesbadener Weihnachtsmarkt im Dezember 2006 waren bahnbrechend: Kurt Beck (SPD) erhielt die Gunst der ihm nicht immer gewogenen Bild-Zeitung, Henrico Frank (APPD) eine Rasur, eine Frisur und Arbeit. Mit dem revolutionären Konzept der Doppelkanzlerschaft wird Politik zu einem Buddy-Movie: Kanzler Beck drückt als Bad Guy die Schweinereien durch, Kanzler Frank lässt als Good Guy aus Tankflugzeugen der Bundeswehr Freibier regnen, gemäß der APPD-Parole: »Saufen, saufen, saufen!« Sollte sich dennoch Empörung regen, werden Claudia Roth (Grüne) und Guido Westerwelle (FDP), die opportunistischen Steigbügelhalter der beiden Kanzler, geteert und gefedert als Sündenböcke durch die Straßen Berlins getrieben. Unter ausländischen Diplomaten wird die BRD nur noch »Bananenrepublik Deutschland« genannt. Danke, Ghana-Koalition!

markus ströhlein