Rassismus und Gewalt im Fußballjahr 2017. Eine Bilanz

Es bleibt ungemütlich

Seite 2 – Dortmund hat noch immer ein Problem mit Neonazis

Aufgelöst hat sich Ende Juli auch »Riot 0231« in Dortmund. Der nordrhein-westfälische Innenminister hatte seit Monaten ein Vereinsverbotsverfahren gegen die Gruppe ­angestrengt, dem diese durch die Selbstabwicklung mutmaßlich entgehen wollte. »Riot 0231« bestand seit 2015 und hatte recht erfolgreich versucht, ein Gewaltmonopol in der Dortmunder Fanszene zu errichten. Noch im März war eine Morddrohung gegen den BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke neben ein Graffito der Gruppe gesprüht worden. Auch antirassistische BVB-Fans waren immer wieder Bedrohungen durch die sogenannten Riots ausgesetzt.

Dass es trotz aller Anstrengungen von Verein und Teilen der aktiven Fanszene in Dortmund noch immer ein Problem mit Neonazis gibt, zeigte sich nicht zuletzt Ende Oktober in den Tagen vor dem Revierderby, als Aufkleber der im KZ Bergen-Belsen ermordeten Anne Frank im Schalke-Trikot auftauchten. Die Aktion war extrem rechten Anhängern von Lazio Rom entlehnt, die damit wenige Tage zuvor Anhänger des AS Rom verunglimpft und international Empörung hervorgerufen halten. Etwa zur selben Zeit produzierten auch Fans des Regionalligisten Lokomotive Leipzig Sticker mit diesem Motiv zur ­Verunglimpfung des Stadtrivalen BSG Chemie. Zudem beteiligten sich ­offenbar auch Lok-Fans an einem Angriff auf den linken Fußballverein Roter Stern Leipzig am 15. Oktober im sächsischen Schildau. Fotos zeigen mindestens einen Teilnehmer des rechten Mobs in einem blaugelben T-Shirt mit dem antisemitischen Aufdruck »JDN CHM«.

Allerdings gab es auch Fanszenen, die 2017 durch ganz andere Aktivi­täten von sich reden gemacht haben. Fans von Darmstadt 98 thematisierten und kritisierten das Engagement ihres Spielers Änis Ben-Hatira für eine salafistische Hilfsorganisation und Anhänger von RB Leipzig die Pläne des Vereinsmäzens Dietrich Mateschitz, ein rechtes Medienportal zu launchen. In Dortmund wurde ein Aktionsspieltag gegen Homophobie veranstaltet, beim FC St. Pauli machte man Aktionen gegen den G20-Gipfel. Anhänger von TeBe Berlin setzten sich erfolgreich für eine offizielle Fahne ihres Vereins in Regen­bogenfarben ein und Teile der Karlsruher Fanszene mobilisierten gegen die Neonazi-Demonstration »Tag der deutschen Zukunft« in ihrer Stadt. Es steckt also durchaus Potential in den Fanszenen – vielleicht ­gelingt es ­diesen Fans ja, 2018 damit Schlagzeilen zu machen.