Die Invictus Games für kriegsversehrte Sportler

Prinz Harrys Spiele

Die Invictus Games für kriegsversehrte Sportler wurden 2013 von einem prominenten Adeligen gegründet. Der Vorläufer dieser Spiele im Jahr 1948 geht auf die Initiative eines vor den Nazis geflohenen jüdischen Neurologen zurück.

Afghanistan ist nicht mehr dabei, dafür nehmen dieses Jahr erstmals Delegationen aus Israel und Kolumbien teil: Vom 9. bis zum 16. September finden in Düsseldorf die Invictus Games statt. Soldaten und Soldatinnen aus 22 Ländern, die im Einsatz verletzt wurden oder unter psychischen Folgeschäden wie einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden, treten dabei in zehn verschiedenen Sportarten gegeneinander an. Die Teilnehmenden kommen größtenteils aus Armeen von im weiteren Sinne westlichen Staaten.

Edan Kleiman, der Vorsitzende der 50.000 Mitglieder zählenden IDF Dis­abled Veterans Organization, sagte, man sei stolz und freue sich, »an den Invictus Games teilzunehmen und den Staat Israel zu vertreten«. Verwundete israelische Soldatinnen und Soldaten seien ein gutes Beispiel für die Notwendigkeit von Beharrlichkeit in der Rehabilitation, aber auch für hervorragende Leistungen im Sport. Sie würden Israel bei den Invictus Games gut vertreten: »Wir erleben täglich, welch wichtige Rolle der Sport nicht nur für die Physis, sondern auch für die mentale Stärke spielt und dass er den Betroffenen ermöglicht, ihr Leben wieder in die Hand zu nehmen.« Nicht weniger wichtig sei »die wunderbare Gelegenheit, verwundete Kriegsveteranen und -veteraninnen aus verschiedenen Staaten zusammenzubringen, um lebenslange Freundschaften zu knüpfen«.

Auch die Ukraine nimmt mit einem Team aus 24 Sportlern an den Wettkämpfen teil. Sie wurden im April im Lwiw ausgewählt. Dem ukrainischen Ministerium für Veteranenangelegenheiten ist es wichtig, dass noch während des Kriegs Voraussetzungen für eine Rückkehr von Veteranen in das Zivilleben geschaffen werden und das Rehabilitations- und Genesungssystem ausgebaut wird. In einer Pressemitteilung schrieb das Ministerium zudem kürzlich: »Dar­über hinaus können die Diplomatie von Sportveteranen und ihre Auswirkungen auf die internationale Gemeinschaft nicht hoch genug eingeschätzt werden. Die Stimme der Veteranen ist ein direktes Zeugnis der Verbrechen des Angreifers und muss gehört werden.«

Als geschlossene Veranstaltung, bei der Militärangehörige fernab der Öffentlichkeit Sport treiben, sind die Invictus-Spiele bewusst nicht konzipiert. Der Eintritt zu den Wettbewerben in Düsseldorf ist frei, allerdings gelten aus Sicherheitsgründen einige Restriktionen wie ein generelles Verbot, Taschen und Rucksäcke, die das Format DIN-A4 überschreiten, mit in die Arena zu nehmen.

An den ersten von Ludwig Guttmann 1948 in England initiierten Spielen für Kriegsversehrte nahmen 14 querschnittsgelähmte Veteranen und zwei Veteraninnen teil.

Zu den Invictus-Sportarten gehört nicht nur die klassische Leichtathletik, sondern unter anderem auch das technisch sehr interessante Indoor-Rudern. Gerudert wird an Ergometern, die auf sechs verschiedene Behinderungskategorien einstellbar sind. Männer und Frauen rudern getrennt in jeweils zwei Wettbewerben, dem einminütigen individuellen Sprint und dem vier Minuten dauernden Ausdauerrennen.

Ein Klassiker im Behindertensport ist das Bogenschießen, das in Großbritannien bereits 1948 bei den ersten Stoke Mandeville Games auf dem Programm stand. Die nach einem südwestlich von London gelegenen Krankenhaus für gelähmte Kriegsversehrte benannte Veranstaltung gilt als Vorläufer der Paralympics. Gegründet wurden die Stoke Mandeville Games von Ludwig Guttmann, einem in Schlesien geborenen Neurologen und Neurochirurgen.

Guttmann war Jude, er durfte in Deutschland ab 1933 nicht mehr als Arzt praktizieren und auch nicht mehr an Universitäten Vorlesungen halten, wie er es bis dahin in Breslau getan hatte. Lediglich im Jüdischen Krankenhaus von Breslau konnte er arbeiten, wo er am Abend der Po­gromnacht am 9. November 1938 insgesamt 64 Juden vor dem Naziterror rettete. Als die Gestapo am nächsten Tag wissen wollte, woher auf einmal so viele Patienten kamen, führte Guttmann sie von Bett zu Bett und erfand für jeden einzelnen Kranken eine medizinische Diagnose für 60 Menschen – obwohl er selbst große Zweifel daran gehabt hatte, ob er die Nazi-Schergen würde überzeugen können.

Im 2012 ausgestrahlten BBC-Dokudrama »The Best of Men« über Guttmann kommt eine Passage aus dessen nie fertiggestellten Memoiren vor. Darin berichtete er, dass er am Morgen des 10. November seinen Mantel und ein Paar Stiefel verschenkte, bevor er wie gewohnt zur Arbeit ging, denn er befürchtete, im Krankenhaus von der Gestapo festgenommen und deportiert zu werden.

1939 gelang Guttmann und seiner Familie die Flucht nach England, wo er in Oxford seine Forschungen auf dem Gebiet der Wirbelsäulenverletzungen fortsetzen konnte. Vier Jahre später wurde er von der britischen Regierung gebeten, ein entsprechendes medizinisches Zentrum am Stoke Mandeville Hospital einzurichten, in dem vor allem Piloten der Royal Air Force behandelt werden sollten, bei denen Wirbelsäulenschäden nach Abstürzen besonders häufig vorkamen.

22 Jahre lang, von 1944 bis 1966, leitete Guttmann das Stoke Mandeville Hospital. Er bemerkte rasch, dass Bewegung und Sport seinen Patienten guttaten. Damals lagen die Patienten und Patientinnen hauptsächlich in ihren Betten, was unter anderem zu Dekubitus, also Wundliegen, führte. Die Mortalitätsrate sank, nachdem Guttmann Sport im Freien verordnet hatte. An den ersten Spielen 1948 nahmen 14 querschnittsgelähmte Veteranen und zwei Veteraninnen teil, die meisten der Männer waren Piloten, die beiden Frauen waren während des Freiwilligendienstes bei Bombenangriffen verletzt worden. Vier Jahre später nahmen schon 130 Kriegsversehrte aus mehreren Ländern an den Spielen teil, 1960 fanden sie im Anschluss an die Olympischen Spiele in Rom statt.

In Düsseldorf müssen die Veteranen und Veteraninnen dieses Mal das Scheinwerferlicht teilen. Denn der Gründer der Invictus-Spiele wird anwesend sein: Nachdem er 2013 in den USA an den Warrior Games teilgenommen hatte, kam Harry, Duke of Sussex, der jüngere Sohn von König Charles III. und der verstorbenen Lady Diana, auf die Idee, eine ähnliche Veranstaltung in Großbritannien abzuhalten. Die Warrior Games sind ein vom US-Verteidigungsministerium organisiertes Sportereignis, bei dem im Einsatz verwundete Soldaten und Veteranen in zwölf Sportarten wie Bogenschießen, Rollstuhl-Basketball oder Kugelstoßen gegeneinander antreten.

Prinz Harry gelang es innerhalb nicht einmal eines Jahres, mit Unterstützung des damaligen Londoner Oberbürgermeisters Boris Johnson und des britischen Verteidigungsministeriums die Invictus Games zu gründen, die 2014 erstmals in London stattfanden. Damals traten Soldatinnen und Soldaten aus 14 Ländern, darunter die USA, Deutschland und Afghanistan, gegeneinander an. Seitdem hat sich das Sportereignis weiterentwickelt. Die Invictus Games fanden in den USA, Kanada und Australien statt und auch die Zahl der teilnehmenden Nationen ist gestiegen: Zu den sechsten Invictus Games, die am 9. September in der Düsseldorfer Merkur-Spiel-Arena eröffnet werden, werden 500 Teilnehmer aus 22 Ländern erwartet.

Mutmaßlich werden sich die meisten Presseberichte allerdings nicht um Sieger und Siegerinnen und sportliche Leistungen drehen, sondern um Prinz Harry. Schon vor Wochen wurde darüber spekuliert, ob vielleicht seine Frau Meghan (ja) und die beiden Kinder (unbestätigt) ebenfalls in Düsseldorf anwesend sein werden.

In seiner im vorigen Jahr erschienenen Biographie gab Prinz Harry an, bei seinen Missionen mit einem Apache-Hubschrauber 25 Taliban getötet zu haben.

Als Harry Invictus gründete, war er bemüht, die von ihm in seiner Jugend verursachten Skandale wie Partyauftritte in Naziuniform vergessen zu machen. Mit nur geringen Aussichten, jemals König zu werden, präsentierte er sich damals in erster Linie als Soldat. Harry, ein ausgebildeter Hubschrauberpilot, absolvierte während seines aktiven Diensts Einsätze im Irak und in Afghanistan.

In seiner im vorigen Jahr erschienenen Biographie gab er an, bei seinen Missionen mit einem Apache-Hubschrauber 25 Taliban getötet zu haben. Nur weil das Militär ihn zurück nach England beordert habe, seien weitere 30 Taliban noch am Leben. Der offiziellen Darstellung der Ereignisse stehen Gerüchte entgegen, nach denen der Prinz nicht aktiv am Kampfgeschehen teilgenommen habe, sondern seine Dienstzeit während der Auslandseinsätze in der Etappe verbrachte.

Wie dem auch sei, Harry ist kein Soldat mehr, sondern ein zusehends glückloser Medienunternehmer. Spotify kündigte kürzlich den mit rund 25 Millionen US-Dollar dotierten Vertrag über einen Podcast mit Harry und Meghan, und gerüchteweise ist Netflix nicht mehr daran interessiert, den 100 Millionen Dollar schweren Vertrag über die Produktion von Dokumentationsserien royalen Inhalts mit den beiden zu erfüllen, die ihrerseits angeblich seit einem halben Jahr nichts liefern. Zuletzt konnten Interessierte Harry bei einem »Therapiegespräch« mit dem Arzt und Hamas-Verteidiger Gabor Maté zuschauen, der bei ihm ADHS diagnostizierte.