Der Widerstand gegen den Ausbau der Tesla-Fabrik in Brandenburg wächst

Bei Tesla brodelt es

Eine Bürgerinitiative protestiert gegen den einzigen europäischen Standort des Elektroautoherstellers Tesla in Grünheide nahe Berlin. Jetzt treten auch Gewerkschaftsmitglieder der IG Metall gegen ihren Arbeitgeber auf.

Tesla droht mit Kündigungen. Weil gewerkschaftsnahe Mitarbeiter in der sogenannten Gigafactory in Grünheide Sticker verteilten, hat das Management in einer internen Mitteilung an alle Mitarbeiter mit disziplinarischen Maßnahmen gedroht, die bis zur fristlosen Kündigung reichen könnten. Jegliche Form der Verschmutzung sei verboten, hieß es darin. Mitarbeiter wiesen jedoch daraufhin, dass es sich um magnetische Aufkleber handle. Auf den Stickern wird unter anderem Teslas ­Geschäftsführer Elon Musk getadelt: »Unsere Gesundheit ist wichtiger als die nächste Milliarde von Elon!«

Einige Mitarbeiter sahen in der internen Mitteilung den Versuch, Gewerkschaftsarbeit zu unterdrücken. Schon im Juni drohte das Management mit fristlosen Kündigungen, nachdem Flugblätter verteilt worden waren, auf denen Löhne auf dem Niveau von Mercedes und Volkswagen gefordert wurden.

Tesla will derzeit seine Elektroautofabrik in Grünheide in Brandenburg ausbauen – und wird dafür schon länger kritisiert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich bei einem Bürgerdialog in Potsdam Mitte August dennoch für die Erweiterung aus. Es gehe darum, solche Unternehmen in Deutschland zu binden, um den Wohlstand zu halten und auszubauen, so Scholz.

Großspurig behauptete das Unternehmen im März, 5.000 Fahrzeuge pro Woche bauen zu lassen. Recherchen von Business Insider ergaben nun allerdings, dass es deutlich weniger sind. Internen Dokumenten und übereinstimmenden Aussagen von Tesla-Angestellten betrage das Produktionsziel 870  Fahrzeuge pro Tag und 4.350 pro Woche – also 650 weniger als im März verkündet.

Erst im April vergangenen Jahres sind bei Tesla in der Lackiererei 15.000 Liter Chemikalien aus einem Tauchbecken ausgelaufen.

Seit Anfang 2022 wird in der Fabrik produziert. Die Brandenburger Landesregierung hatte für die Ansiedlung von Tesla geworben. Die Waldfläche war Eigentum des Landes und wurde Tesla von der Forstverwaltung verkauft, die Umweltminister Axel Vogel (Grüne) untersteht. Das zeige, dass Brandenburg ein »Aufsteigerland« sei, rühmte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) die Ansiedlung auf einer Pressekonferenz im März 2022, auf der die Regierung die Genehmigung verkündete. Er freue sich über das erste »Großprojekt« in Deutschland, das Klimaneutralität mit neuen Arbeitsplätzen verbinde. Bei der Gelegenheit lobte Vogel das Landesamt für Umweltschutz, das den Bau so schnell genehmigt habe.

Örtliche Bürgerinitiativen und Umweltverbände hingegen protestieren gegen den Ausbau. Denn die Produktion sei keineswegs umweltfreundlich, kritisiert Steffen Schorcht von der Bürgerinitiative Grünheide im Gespräch mit der Jungle World. Die Bürgerinitiative kämpfte von Beginn an gegen die Tesla-Fa­brik. Der neue Riesenbau zur Produktion von Batteriezellen solle zum Teil in einer Wasserschutzzone errichtet werden, teilte kürzlich auch das Brandenburger Landesumweltamt in einer Stellungnahme mit und wies das Unternehmen an, die Pläne zu ändern. Dem regionalen Wasserverband zufolge hat der Ausbau zudem Konsequenzen für das Grundwasser.

Geplant ist ferner ein eigenes Gaskraftwerk für Wärme und Strom und ein Tanklager für Flüssiggas. Das geht aus Unterlagen hervor, mit denen Tesla beim Land Brandenburg den Ausbau beantragte. Allerdings gilt Flüssiggas als besonders umweltschädlich, auch weil es sich bei ihm häufig um importiertes Gas handelt, das durch sogenanntes Fracking gewonnen wird. Von einer klimaneutralen Produktion kann also keine Rede sein, auch wenn Musk behauptet, mit seinen Elektroautos das Klima zu retten.

Erst im April vergangenen Jahres sind in der Lackiererei 15.000 Liter Chemikalien aus einem Tauchbecken ausgelaufen. Bei den Aufräumarbeiten am nächsten Tag gerieten »angeblich ,›zwei bis drei Liter‹ der Farbmischung auf die Straße vor der Halle«, berichtete der Stern. Die Werksfeuerwehr habe daraufhin Bindemittel verteilt. Eine Gefährdung des Grundwassers hat der Werksfeuerwehr zufolge zu keiner Zeit bestanden. Nach Angaben des Sterns widersprachen dem jedoch Bilder des Einsatzorts, auf denen Gullydeckel und ein angrenzender Erdstreifen mit roter Flüssigkeit eingefärbt waren.

Inzwischen tragen auch Umweltgruppen aus Berlin den Widerstand mit. Allerdings sei die parteipolitische Unterstützung noch gering, so Schorcht. Angebote von rechts habe die Bürgerinitiative klar zurückgewiesen. Die Meinungen im Gemeinderat von Grünheide schätzt Schorcht als geteilt ein.

Anfangs sei ein Großteil der Bevölkerung positiv-abwartend eingestellt gewesen, erzählt Schorcht. Inzwischen würden die negativen Folgen allerdings immer deutlicher. Die Region rings um die Tesla-Fabrik leide besonders unter der Trockenheit, die der Klimawandel hervorbringe. ­Vorsorglich hat der zuständige Wasserverband bei Neuverträgen die Höchstabgabemenge von Trinkwasser pro Person auf 105 Liter täglich gedeckelt. Für neue Projekte wie Schulen, Kindergärten oder Wohnungen sei gar kein Wasser übrig, ­berichtet Schorcht. Die Bürgerinitiative ist daher optimistisch, zusammen mit anderen die Erweiterung verhindern zu können.