Auszug aus dem Buch "In den Häusern der anderen"

Spuren deutscher Vergangenheit in Westpolen: In den Häusern der anderen

»Poniemickie« bezeichnet in Polen das ehemals Deutsche – Orte, Gebäude, Gegenstände, die nach 1945 in den nunmehr westpolnischen Gebieten wie Ostpreußen, Schlesien oder Pommern von den ­deutschen Bewohnern zurückgelassenen wurden. In die verlassenen Häuser der Deutschen zogen in der Folgezeit vertriebene Polen und Westukrainer aus den östlichen Grenzgebieten, welche die Sowjetunion nach dem Krieg für sich beanspruchte. Die zwangsumge­siedelten Polen, genannt Repatrianten, mussten nicht nur in der fremden, deutsch geprägten Umgebung Westpolens einen Wieder­anfang wagen, sie schlugen sich auch mit den Hinterlassenschaften der Vorbewohner herum, etwa einem Hakenkreuz an einer ­Suppenschüssel. Aus dem Vorwort des Buches »In den Häusern der anderen. Spuren deutscher Vergangenheit in Westpolen«.
Imprint

»Alles bei mir war früher deutsch – deutsch war die Stadt, / deutsch waren die Wälder und deutsch waren die Gräber, / deutsch war einst die Wohnung, deutsch waren die Treppen, /
die Uhr, der Schrank, der Teller, deutsch waren das Auto, / die Jacke wie auch das Glas, die Bäume, das Radio, / und ich errichtete mir auf genau diesem Plunder / in Leben, auf diesen Resten werde ich herrschen, werd’ sie verdauen, zersetzen, ich soll aus ihnen / ein Vaterland bauen (…)«

Tomasz Różycki:
»Totemy i koraliki«
(Totems und Perlenketten)

Alles an mir war früher deutsch
»Taż przecie to ksiądz jeszcze poniemiecki, das ist doch noch ein alter deutscher Priester«, sagt Pawlaks Frau Mania, als es mit Großmutter Leonia zu Ende geht, und der Priester, der ihr die letzte Ölung erteilen soll, sich als Deutscher entpuppt. »Gott is’ hier aber derselbe wie in Krużewniki«, antwortet Pawlak, wenn auch nicht ganz überzeugt. Der Familie bleibt nur die Hoffnung, dass der Allmächtige auch eine auf Deutsch erteilte Absolution akzeptiert und Oma Leonia »reinlässt« – wenn nicht direkt in den Himmel, dann wenigstens ins Fegefeuer. Die Szene stammt aus Andrzej ­Mularczyks Roman »Sami swoi« (deutsch sinngemäß etwa: Man ist unter sich), dessen Verfilmung aus dem Jahr 1967 in Polen Kultstatus genießt. Das Buch erzählt die Geschichte der Familien Pawlak und Kargul, die infolge der geopolitischen Neuordnung Europas nach dem Zweiten Weltkrieg aus den der UdSSR zugeschlagenen polnischen Ostgebieten in die vormals zum Deutschen Reich gehörenden »wiedergewonnenen« Gebiete im Westen umsiedeln müssen.

Noch kein Abonnement?

Um diesen Inhalt zu lesen, wird ein Online-Abo benötigt::