Wenn man nicht an Gruppenaktivitäten teilnehmen will

Nicht wollen müssen

Kolumne übers Spazierengehen. Wie man dem Gruppenzwang entkommen kann.

Soziale Zwänge, wer kennt sie nicht. Vor allem der Arbeitsplatz wirft einen dauernd in sie hinein: Das gemeinsame Mittagessen, die Weihnachtsfeier oder das »gesellige« Feierabendbier sind solche Rituale, denen man sich nur schwer entwinden kann.

Der Mensch als soziales Wesen sucht stets den Kontakt zu anderen Menschen – tut er es mal nicht, wird er dazu genötigt oder als Sonderling abgetan. Oft ist es schier unmöglich, dieser Dynamik zu entgehen. Was tut man, wenn bei mehr­tägigen Seminaren nach zwei Stunden eine Whatsapp-Gruppe gegründet wird und der Fluchtinstinkt Schweißperlen auf die Stirn zaubert? Ausreden wie »Ich verwende diesen Messenger-Dienst nicht, weil … » werden schnell nutzlos, da sich natürlich jemand aus der Gruppe gewillt zeigt, die gewünschte Selbstexklusion durch einen persönlichen SMS-Live-Ticker zu konterkarieren.

Dem Gruppenzwang ist also kaum zu entgehen. Oft ist die Ablehnung einer Gruppe noch nicht mal den einzelnen Mitgliedern geschuldet, es ist einfach dieser Zwang, sich zu vernetzen, sich mit anderen gemein zu machen, der einem gegen den Strich geht.

Was tut man, wenn bei mehr­tägigen Seminaren nach zwei Stunden eine Whatsapp-Gruppe gegründet wird und der Fluchtinstinkt Schweißperlen auf die Stirn zaubert?

Kollektive Aktivitäten, im Bürosprech auch gerne als »Teambuilding-Maßnahmen« bezeichnet, sollen das Arbeitsklima verbessern, was allerdings jenen, der seinen Feierabend lieber allein verbringt, in die Bredouille bringt. Für viele ist es unverständlich, wieso man nicht in der Freizeit mit seinen Kollegen gemeinsame Dinge erleben möchte, sondern die me time bevorzugt. So erfindet man Ausreden – Corona sei Dank ist auch schnell eine gefunden.

Anschließend sitzt man mit einem schlechten Gewissen zu Hause und traut sich nicht vor die Tür. Wie peinlich wäre es, wenn man erwischt und die Ausrede als Lüge entlarvt würde.

Gruppengefüge und deren Dynamiken machen einen großen Teil des Menschseins aus. Doch sollte man etwas ehrlicher mit diesen unfreiwilligen Mitgliedschaften sein und sich und allen anderen erlauben, sich frei und ehrlich gegen einen ständigen Sitz zu entscheiden. Vielleicht wächst dann auch die Lust, dieser oder jener Gruppe doch noch beizuwohnen. Bleibt nur die Frage: Wie rede ich mich an meinem eigenen Geburtstag raus?