Das Album »Only God Was Above Us« von Vampire Weekend

Ein letztes Mal

Vampire Weekend lassen mit ihrem neuen Album »Only God Was Above Us« noch einmal ihre Zeit hochleben.
Musikrezension Von

»Fuck the world, you said it quiet«, singt Ezra Koenig mit seiner sanften Falsettstimme zum langsamen Takt einer Rhythmusgitarre und eröffnet damit das neue Album seiner Band Vampire Weekend. Der Song »Ice Cream Piano« katapultiert den Hörer direkt in die Zeit zwischen 2008 und 2013, in die Zeit von Occupy Wall Street, naiv-verträumten Indie-Musikern und den Hipster-Millennials, die man anhand von Flanellhemd und Hornbrille identifizieren konnte und die in späteren Jahren oft zur faulsten und verweichlichtsten Generation aller Zeiten erklärt wurde.

Das Grundrezept ist hier das gleiche wie bei den Hits aus 2008: Nervöse Beats, eklektische Instrumentierung und ein Hang zum Chaos treffen auf vielschichtige Lyrics, nicht ohne Humor, aber auch nie klamaukig.

So ausgefeilt wie auf Vampire Weekends »Only God Was Above Us« kam diese Art Indie-Rock selbst zu seiner Blütezeit selten daher. Viele der Bands der frühen Zweitausender verrannten sich nach Überraschungserfolgen in Experimenten, gaben sich komplett dem Gefühlsduselkitsch hin oder landeten – mal gewollt, mal nicht – in den Playlists von Stuttgarter Kreativdirektoren und wurden anschließend in Werbekampagnen für Müsliriegel oder Versicherungen verheizt. Im Jahr 2024 ein Album mit Anspruch herauszubringen, das sich unverblümt diesem Genre widmet, ist also bemerkenswert.

Das Grundrezept ist hier allerdings das gleiche wie bei den Hits aus 2008: Nervöse Beats, eklektische Instrumentierung und ein Hang zum Chaos treffen auf vielschichtige Lyrics, nicht ohne Humor, aber auch nie klamaukig. Dass alle Bandmitglieder von Vam­pire Weekend in diesem Jahr ihren 40. Geburtstag feiern, zeigt sich in den ausgereifteren Arrangements, den treffsichereren musika­lischen Zitaten und einer weniger aufgedrehten Grundstimmung.

Wie auch Phil Collins mit Genesis noch 1991 ein letztes Mal den hochpolierten Rock der Siebziger und Achtziger zelebrierte, bevor Grunge übernahm, so lassen auch Vampire Weekend noch einmal ihre Zeit hochleben. Und damit können sich die Millennials auch endlich in den wohlverdienten popkulturellen Ruhestand zurückziehen.

Vampire Weekend: Only God Was Above Us (Columbia Records)