Samstag, 06.02.2021 / 22:12 Uhr

Pflegt der neue US-Iranbeauftragte Sympathien für das Regime in Teheran?

Von
Alex Feuerherdt

Zum Iran-Beauftragten seiner Regierung hat US-Präsident Joe Biden einen alten Bekannten ernannt: Robert Malley war Obamas Chefunterhändler bei den Gesprächen über den Atomdeal von Wien im Jahr 2015. Nun soll er dem Wiedereinstieg in das Abkommen, aus dem die USA unter Trump im Jahr 2018 ausgestiegen waren, den Weg bereiten. An der Personalie entzündet sich Kritik, nicht nur bei Republikanern, sondern beispielsweise auch vonseiten der syrischen Opposition.

 

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Bild: Al-Monitor

 

Schon bevor Robert Malley offiziell zum Iran-Beauftragten der US-Regierung unter dem neuen Präsidenten Joe Biden ernannt wurde, gab es äußerst unterschiedliche Reaktionen auf diese Personalie, denn längst nicht jeder begrüßt sie. Der republikanische Senator Tom Cotton beispielsweise schrieb auf Twitter: „Malley hegt schon seit langem Sympathie für das iranische Regime und hat eine Abneigung gegenüber Israel. Die Ayatollahs werden ihr Glück nicht fassen können.“

Zwölf ehemalige iranische Geiseln und Menschenrechtler hatten den neuen amerikanischen Außenminister Antony Blinken zuvor in einem Brief darum gebeten, Malley nicht zu ernennen.

Denn sonst würde, so schreiben sie, „der Diktatur im Iran signalisiert, dass die Vereinigten Staaten ausschließlich auf den Wiedereintritt in den Iran-Atomdeal fokussiert sind und den regionalen Terror des Regimes sowie dessen Verbrechen gegen die Menschheit im eigenen Land ignorieren“. Zudem würde „auch ein Signal an Iraner, Syrer, Iraker, Libanesen und alle anderen gesendet, die vom iranischen Regime und seinen Stellvertretern unterdrückt werden, dass die Biden-Administration sich nicht um ihre Menschenrechte kümmert“.

Auch Mitglieder der Opposition in Syrien twittern unter dem Hashtag #MalleyIsNoAlly (Malley ist kein Verbündeter) gegen den neuen Iran-Beauftragten. Sie befürchten, dass Malley sich, wie schon während der Präsidentschaft von Barack Obama, intern gegen die Sanktionierung des Assad-Regimes und die Unterstützung der Opposition stellen wird. Außerdem treibt sie die Sorge um, dass die US-Regierung den Aktivitäten des Iran in Syrien und den Raketenlieferungen an die Hisbollah im Libanon tatenlos zusehen wird, um die Verbesserung der Beziehungen zum iranischen Regime nicht zu gefährden.

Win-win-Situation für den Iran

Robert Malley war Sicherheitsberater unter Obama und zudem Chefunterhändler bei den Gesprächen über das Wiener Atomabkommen mit Teheran, den Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) aus dem Jahr 2015. Unter Präsident Donald Trump stiegen die USA bekanntlich aus dem Vertrag aus und setzten stattdessen auf eine Politik des „maximalen Drucks“.

Auch Mitglieder der Opposition in Syrien twittern unter dem Hashtag #MalleyIsNoAlly (Malley ist kein Verbündeter) gegen den neuen Iran-Beauftragten.

Das Ziel war der Abschluss eines „besseren“, über den Atomstreit hinausgehenden Deals mit dem Iran. Joe Biden hatte schon im Wahlkampf angekündigt, zum Abkommen zurückkehren zu wollen, dass er als Obamas Vizepräsident mit ausgehandelt hatte.

Diese Übereinkunft ließ die nukleare Infrastruktur des Iran im Wesentlichen unangetastet und sah gerade nicht vor, Teheran die technischen Kapazitäten und Einrichtungen zum Bombenbau zu nehmen. Es beseitigte die vom Regime ausgehende nukleare Bedrohung also nicht, sondern institutionalisierte sie vielmehr.

Gleichzeitig wurden mit dem Abkommen die Wirtschaftssanktionen aufgehoben. Den Iran brachte die Vereinbarung also in eine Win-win-Situation. Nun soll Robert Malley den Wiedereinstieg der USA in das Abkommen vorantreiben und organisieren.

Malley traf sich auch mit Führern der Hamas

Dass er von vielen kritisch gesehen wird, liegt nicht zuletzt an seiner Überzeugung, dass feindlich gesinnte Organisationen und Regime nur durch eine Kooperation zu zähmen sind.

Nachdem die israelisch-palästinensischen Friedensverhandlungen am Ende der Amtszeit von US-Präsident Bill Clinton gescheitert waren, widersprach Malley, der an diesen Gesprächen beteiligt war, öffentlich Clintons Ansicht, dass das an Jassir Arafat lag. Im Jahr 2008 stellte er die außenpolitischen Beratungen für Obama während dessen Präsidentschaftskandidatur ein, als Berichte auftauchten, dass er sich mit Führern der Hamas getroffen hatte.

Eine zu entgegenkommende Haltung gegenüber dem Iran und dessen Verbündeten und eine bestenfalls distanzierte gegenüber Israel – unter diesen Voraussetzungen ist von Robert Malley wenig Gutes zu erwarten, wenn er nun als Iran-Beauftragter agiert.

Er wäre direkt Außenminister Blinken unterstellt, der ankündigte: „Wenn der Iran wieder in voller Übereinstimmung mit seinen Verpflichtungen zum JCPOA zurückkehrt, werden die Vereinigten Staaten das Gleiche tun.“ Im Jahr 2019 traf sich Malley in seiner Eigenschaft als Präsident des Thinktanks International Crisis Group in New York mit dem iranischen Außenminister Javad Zarif. Man spreche eben mit allen Parteien, hieß es vonseiten der Organisation dazu.

Der Geldsegen verbesserte nicht wie erhofft die iranische Wirtschaft und erst recht nicht die Situation der Bevölkerung, sondern führte zu noch mehr iranischen Interventionen in der Region.

Das erklärte Ziel der Biden-Regierung ist es, den Iran wieder den Verpflichtungen, Beschränkungen und Kontrollen zu unterwerfen, die mit dem JCPOA einhergingen. Danach will sie gemeinsam mit Verbündeten und Partnern „Folgeabkommen“ verhandeln, „um die nuklearen Einschränkungen des Iran zu verschärfen und zu verlängern sowie das Raketenprogramm anzugehen“.

Es soll am Ende also ein besserer Deal herauskommen als jener, an dem Robert Malley 2015 wesentlichen Anteil hatte; ein „gestärkter“ und „erweiterter“, wie Joe Biden sagt.

Der Iran setzt nicht zuletzt auf Malley

Doch „weder kann das Atomabkommen den Iran letztlich von der Entwicklung von Atomwaffen abhalten, noch besteht auch nur die leiseste Hoffnung, nach einer Rückkehr zum Atomdeal weitere Abkommen zur Eindämmung der aggressiven Regionalpolitik des Iran ausverhandeln zu können“, wie Florian Markl kürzlich an dieser Stelle schrieb. Die Überzeugung, dass ein Abkommen und die anschließende Aufhebung der ökonomischen Sanktionen zu einer Mäßigung des islamistischen Regimes führen, ging und geht nicht auf.

Der Geldsegen verbesserte nicht wie erhofft die iranische Wirtschaft und erst recht nicht die Situation der Bevölkerung, sondern führte zu noch mehr iranischen Interventionen in der Region. Das syrische Regime, die Hisbollah und andere schiitische Milizen profitierten von den zusätzlichen iranischen Ressourcen.

Die Verstöße des Iran gegen dem Atomdeal wurden und werden immer eklatanter, auch und gerade hinsichtlich der Urananreicherung, von der nur ganz besonders weltfremde Menschen glauben, sie diene lediglich zivilen Zwecken.

Eine Rückkehr zum Abkommen sei nur denkbar, wenn die USA zuvor ihre Sanktionen aufhöben, sagte unlängst Außenminister Zarif, der überdies eine Entschädigung für die Schäden forderte, die der iranischen Wirtschaft durch die Wiedereinsetzung der Sanktionen entstanden seien.

Das wird aus verschiedenen Gründen nicht passieren, aber es zeigt, wie sicher sich das Regime ist, dass die neue US-Regierung ihm für eine Wiederaufnahme der Vereinbarung deutlich entgegenkommen wird. Und dass Robert Malley, der viele iranische Politiker aus den Verhandlungen um den Deal von 2015 persönlich kennt, dieses Entgegenkommen nach Kräften befördern wird.

 

Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch